Vier Auszubildende zu Pflegefachkräften bei einem Schüleraustausch in Kibosho/Tansania
„Wir wären gerne noch länger geblieben“
Sarah und Robert
21 und 23
Tansania
Auszubildende

Sarah (auf dem Foto: zweite von rechts) und Robert (ganz links) waren zwei der ersten Azubis, die an einem Austausch zwischen der Berufsfachschule der Kliniken Südostbayern in Bad Reichenhall und dem Institute of Health and allied sciences in Kibosho in Tansania teilgenommen haben. Fünf Tage lang erarbeiteten die angehenden Pflegefachkräfte dort gemeinsam mit ihren Austauschpartnern ein langfristiges Konzept, um die Schulpartnerschaft aufzubauen. Wie sie das Land und die Menschen kennengelernt haben, wie sich ihr Blick auf Tansania geändert hat und wieso Freudentränen flossen, erzählen Robert und Sarah im Interview.

Was hat euch persönlich motiviert, an eurem ersten Austausch teilzunehmen?

Robert: Ich interessiere mich für andere Kulturen und Länder, doch leider habe ich bisher noch nicht so viel von der Welt gesehen. Der Austausch bot eine tolle Möglichkeit, Afrika besser kennenzulernen. Ich wollte sehen, wie die Umstände in den Krankenhäusern in Tansania sind und wie das Leben dort wirklich ist.

Sarah: Ich war noch nie irgendwo anders, immer nur in der Nähe meines Zuhauses. Erst war ich ziemlich unsicher. Aber als feststand, dass ich mitdarf, habe ich mich gefreut, ein anderes Land kennenzulernen. Mir war es wichtig, die bekannten Vorurteile über Afrika loszuwerden.

Was habt ihr in der Woche erlebt?

Sarah: Sehr viel. Wir waren auf Safari, bei Hot Springs (Heißen Quellen), Wasserfällen und haben eine Tour über eine Kaffeeplantage gemacht

Robert: Wir waren auch in der Schule, haben Präsentationen über Deutschland gehalten und im Krankenhaus hospitiert – also als Gäste mitgearbeitet. Es war sehr interessant, zu sehen, was dort in der Ausbildung gelehrt wird. Daneben haben wir an unserem Projekt gearbeitet, um die Schulpartnerschaft aufzubauen. Wir haben zusammen ein Konzept entwickelt, das die nächsten Jahre weitergeführt werden kann. Ein Austausch ist schließlich kein Urlaub, es soll auch etwas Produktives dabei herauskommen.

Wie war das erste Aufeinandertreffen mit euren Austauschschülerinnen und -schülern?

Sarah: Das erste Treffen fand im März in Bad Reichenhall statt. Am Anfang waren wir alle schüchtern, aber das hat sich schnell gelegt. Ein paar Wochen später bei unserem Besuch in Tansania haben sich alle sehr gefreut, uns wiederzusehen. Eine Austauschschülerin hat vor Freude sogar geweint. Wir stehen nach wie vor alle in Kontakt.

Robert: Wir wurden trotz der Entfernung sogar zu Abschlussfeiern oder Geburtstagen eingeladen. Die Menschen, die wir kennengelernt haben, sind alle super sympathisch. Das war sehr schön.

Bei unserem Besuch in Tansania haben sich alle sehr gefreut, uns wiederzusehen. Eine Austauschschülerin hat vor Freude sogar geweint.

Welche Eindrücke habt ihr für euren Ausbildungsbereich sammeln können?

Sarah: Es gibt einige Gemeinsamkeiten, aber auch viele Unterschiede zwischen dem Krankenhaus in Deutschland, an dem wir unsere Ausbildung machen, und dem in Tansania, das wir besucht haben. Bei uns ist man zum Beispiel viel strenger mit dem sterilen Bereich in der Gynäkologie. Wir desinfizieren unsere Hände ständig. In Tansania legen sie dagegen mehr Wert auf das Händewaschen. Auch die Strukturen unterscheiden sich. Bei uns wird nach Fachbereichen getrennt, dort gibt es separate Stationen für Männer und Frauen.

Robert: Ein weiterer Unterschied ist, dass die Arbeits- und Pausenzeiten der Azubis in Tansania gelassener gesehen werden. In Deutschland kannst du nicht einfach für eine Stunde die Station verlassen. Das wäre undenkbar. Doch die tansanischen Schüler konnten beispielsweise spontan Zeit mit uns verbringen, ohne das abzusprechen. In Tansania wird das etwas lockerer gesehen.

Gab es ein Highlight oder Eindrücke, die euch besonders in Erinnerung geblieben sind?

Sarah: Die Safari.

Robert: Das war auch mein persönliches Highlight, weil ich Löwen in freier Wildbahn sehen konnte. Da hat sich ein kleiner Traum erfüllt. Beeindruckt hat mich außerdem die Offenheit und Zuvorkommenheit der Menschen. Wir konnten kein Swahili, deswegen hat die Kommunikation nicht auf Anhieb geklappt. Trotzdem haben die Menschen stets versucht, mit uns zu sprechen. Sie waren immer freundlich, egal wie das Wetter oder ihre Laune war. Das habe ich in Deutschland noch nie erlebt.

Wie hat sich euer Blick auf Tansania verändert?

Sarah: Ich hatte ehrlicherweise das typische negative Bild von Afrika: kein Wasser, keine richtigen Häuser. Aber wo wir waren, gab es eine gute Infrastruktur. Es gab vereinzelt Stellen, die nicht schön waren, aber insgesamt war es total anders als erwartet.

Robert: Wir haben deutliche Unterschiede zwischen reichen und armen Menschen gesehen. Neben großen Villen gab es sehr kleine, einfache Häuser. Trotzdem habe ich nur Positives mitgenommen. Die Vorurteile, die ich hatte, haben sich nicht bestätigt. Es gab genug zu essen und Wasser an jeder Ecke. In den Supermärkten gab es alles, sogar Nutella. Außerdem habe ich sehr viel Mitgefühl erlebt. Wenn du zum Beispiel schlecht geschlafen hast, haben sie sich dafür entschuldigt, obwohl sie nichts dafür konnten. In Deutschland würde man dir sagen, dass du eben früher schlafen gehen solltest. Aber dort haben sie sich wirklich aufrichtig interessiert.  Das war eine sehr schöne Erfahrung.

Da ich sehr oft meine Komfortzone verlassen musste, bin ich viel offener geworden. 

Habt ihr persönlich etwas durch den Austausch gelernt?

Sarah: Ich habe meine Flugangst und meine Angst vor Tieren überwunden. Da ich sehr oft meine Komfortzone verlassen musste, bin ich viel offener geworden. 

Robert: Ich schätze die Dinge, die ich hier habe, viel mehr. Ich habe gesehen, dass man auch mit weniger Besitz das Leben genießen kann, während wir hier im Überfluss oft nur meckern. Meine Englischkenntnisse haben sich auch stark verbessert.

Apropos Sprache: Würdet ihr sagen, dass man auch mit nicht perfekten Sprachkenntnissen an einem Jugendaustausch teilnehmen sollte?

Sarah: Ja, ich bin das beste Beispiel dafür. Meine Englischkenntnisse waren wirklich sehr schlecht, aber das war kein Problem. Die Leute vor Ort haben mich nicht verurteilt, sondern geduldig mit mir gesprochen und zugehört, bis sie mich verstanden haben. Das war toll. Ich konnte einfach frei sprechen, auch wenn die Grammatik nicht stimmte. Sie haben trotzdem alles verstanden.

Würdet ihr euch nun trauen, für eine längere Zeit ins Ausland zu gehen?

Sarah: Auf jeden Fall. Ich habe mich schon informiert und würde nach der Ausbildung gerne nach Tansania zurückkehren und dort ein paar Monate oder ein Jahr im Krankenhaus arbeiten.

Robert: Nach meiner Ausbildung möchte ich die Leute dort wieder besuchen und mehr von Tansania sehen. Tatsächlich wollten Sarah und ich am Ende des Austauschs gar nicht zurückfliegen. Wir wären gerne noch länger geblieben.