Israel, USA, Tschechien: drei Länder, in denen es sich völlig unterschiedlich leben lässt – und ganz klar: anders als in der Heimat. Welche Erfahrungen haben diejenigen im Gepäck, die eine Zeit in einem dieser Länder verbracht haben? Wie haben sie die Tage, Wochen und Monate ihres Aufenthalts verbracht? Und was raten sie anderen, die sich ebenfalls dafür interessieren, eine Zeit im Ausland zu verbringen?
Wir haben mit Menschen gesprochen, die bereits aus Erfahrung erzählen.
„Ich denke jetzt öfter auf Englisch“
Maxi (17) war noch gar nicht im Ausland. Doch ihre Teilnahme am GlobalCastle-Sprachcamp des CVJM Bayern bereitete sie gut auf einen Auslandsaufenthalt vor. Fünf Tage verbrachte sie auf der Burg Wernfels im fränkischen Seenland mit internationalen Teamer*innen und sprach dabei fast ausschließlich Englisch. Dadurch verbesserte sie ihre Sprachkenntnisse und baute Hemmungen ab. Außerdem erfuhr sie von Möglichkeiten des Jugendaustauschs in verschiedenen Ländern. Bei unserem Besuch im Camp erzählte sie uns von ihren Eindrücken.
Warum hast du dich für die GlobalCastle-Sprachcamps angemeldet?
Meine Mutter hat mir von dem Angebot erzählt, weil sie weiß, dass ich gerne ins Ausland möchte. Ich dachte, es ist ein guter Anfang hier mitzumachen, um mich dann weiter ins Ausland zu wagen.
Wo möchtest du denn gerne hin und mit welchem Programm?
Ich könnte mir gut ein Praktikum oder ein Freiwilliges Jahr vorstellen, zum Beispiel in Schweden oder irgendwo im Süden. Ich bin aber noch unentschlossen. Von den Teamer*innen hier im Camp habe ich erfahren, was man bei einem Freiwilligen Jahr in Rumänien machen kann und welche Möglichkeiten ich in Brasilien hätte. Außerdem werden wir noch etwas über Programme in den USA erfahren.
Was war bisher dein Highlight?
Das Sportprogramm hat mir bisher am besten gefallen. Sport macht mir allgemein viel Spaß und das Programm ist sehr gut moderiert. Am meisten mochte ich das Stretching, denn ich mache daheim Yoga.
Außerdem hat mir richtig gut gefallen, wie die Teamer*innen von ihren Heimatländern erzählt haben. Mara hat zum Beispiel über ihre Heimat Rumänien berichtet. Sie hat uns erzählt, aus welchen Teilen das Land besteht, welche typischen Gerichte und Traditionen es gibt. An Ostern färben die Menschen dort ihre Ostereier etwa mit gekochten roten Zwiebeln.
Sie hat sie zudem die traditionelle Kleidung gezeigt. Besonders cool fand ich, dass wir auch aktiv in die Kultur eintauchen konnten. Wir haben nämlich den Grundschritt eines rumänischen Gemeinschaftstanz gelernt und diesen dann im Kreis getanzt. Außerdem haben wir landesübliche Spiele gespielt.
Hast du den Eindruck, dass du deine Englischkenntnisse hier verbessern konntest?
Ja, ich habe in den Sprachkursen auf jeden Fall gelernt, mich besser auszudrücken. Dabei habe ich am meisten Englisch gesprochen. Ich bin zwar erst ein paar Tage hier, aber ich merke bereits, dass ich jetzt öfter auf Englisch denke. Daher glaube ich, es hat auf jeden Fall etwas gebracht.
„Israel hat so viel zu bieten!“
Noah Dunkler, Schreiner-Auszubildender im dritten Lehrjahr, war mit Mitschüler*innen der Beruflichen Schule B11 in Nürnberg zehn Tage lang in Jerusalem. Hier arbeitete er unter anderem an einem Holzprojekt mit israelischen Schüler*innen. Im Interview erzählt er, wie der Austausch seinen Blick auf das Land verändert hat.
Was war dein Lieblingsort in Jerusalem?
Definitiv der Mahane-Yehuda-Markt − der größte Markt in Israel. Hier gibt es Obst, Fleisch, Käse und jede Menge Streetfood. Dort haben wir das landestypische Verhandeln gelernt. Ich fand das Essen in Israel sehr lecker, aber schon relativ teuer. Man zahlt circa sechs Euro für ein Fladenbrot mit Beilage. Doch wir konnten meist einen guten Deal aushandeln, wenn alle aus unserer Gruppe Essen von einem Stand gekauft haben. Nach ein paar Besuchen kannten wir zudem die günstigeren Spots. Die letzten Tage waren daher deutlich günstiger als die ersten.
Was hat dich auf deiner Reise überrascht?
Ich war überrascht, wie offen die Leute waren. Uns sprachen häufig Einheimische an und fragten uns, woher wir kommen und was wir hier machen. Die Israelis waren dann immer total begeistert davon, was wir hier alles erleben. In einem Land, in dem es so viele Konflikte gibt, hatte ich nicht erwartet, dass die Leute so offen auf uns zugehen würden.
Im Westjordanland dagegen dürfen Angehörige verschiedener Religionen in der Regel gar nicht miteinander reden. Das fand ich auch krass. Dort gibt es sehr viel Hass. Doch wir haben auch Israelis und Palästinenser erlebt, die diesen Hass überwinden – trotz eigener schmerzhafter Erfahrungen. In der Begegnungsstätte Roots treffen sie sich und sprechen miteinander.
Vor welchen Herausforderungen standest du während deiner Reise?
Am schwierigsten war es, die ganzen Erfahrungen in der kurzen Zeit zu verarbeiten und sich immer wieder auf Neues einzulassen. An einem Tag beschäftigten wir uns zum Beispiel nur mit dem Thema Holocaust. Wir besuchten die Gedenkstätte Yad Vashem und führten ein Zeitzeugengespräch.
Am nächsten Tag stand dann wieder das Schreinerhandwerk im Mittelpunkt, als wir einen Handwerksbetrieb in der Nähe von Jerusalem anschauten. Manchmal war es schwer, einfach so umzuschalten. Es wäre schön gewesen, wenn wir während der Reise mehr Zeit gehabt hätten, die vielen verschiedenen Erlebnisse Revue passieren zu lassen.
Was haben eure Ausbildungsbetriebe zu eurer Reise gesagt?
Das war von Betrieb zu Betrieb sehr verschieden. Mein Betrieb ist mir und meiner Kollegin sehr entgegengekommen und hat uns für die Reise komplett freigestellt. Wir haben extra fünf Tage Bildungsurlaub bekommen. Andere Betriebe waren nicht so offen. Teilweise musste mein Lehrer erst Überzeugungsarbeit leisten.
Wie hat sich dein Blick auf Israel durch den Austausch geändert?
Ich kannte Israel bisher nur aus den Nachrichten. Dort hört man immer nur Negatives – da gab es Hass, da gab es einen Konflikt… Aber vom Positiven berichtet keiner. Dabei hat das Land so viel Schönes zu bieten! Es war in Israel viel friedlicher, als ich es mir vorgestellt hatte.
„Auch wenn du nicht weißt, was auf dich zukommt: Probiere es einfach aus!“
Paul war Teilnehmer des Mittelschulprojekts im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen (Schweiz). Dort traf er auf Schülerinnen und Schüler aus Polen. Die Jugendlichen machten gemeinsam Sport und arbeiteten kreativ. Hier erzählt er von seinen Erfahrungen.
Was hat dich motiviert, an dem Projekt teilzunehmen?
Eigentlich wollte ich nicht an dem Projekt teilnehmen. Dann aber dachte ich mir: Was, wenn es doch cool wird und in der Schweiz sogar Schnee liegt? Vielleicht verpasse ich etwas? Mein bester Freund wollte anfangs ebenfalls nicht mitkommen. Ich konnte ihn dann aber überzeugen. Das hat mich letztendlich motiviert und wir haben uns zusammen angemeldet.
Wie hast du dich auf die Zeit in der Schweiz vorbereitet?
Ich habe mich nicht wirklich vorbereitet. Ich war noch nie bei einem Jugendaustausch dabei. Daher wusste ich nicht, was auf mich zukommt.
Vor welchen Herausforderungen standest du während deines Aufenthalts?
Wir sollten gemeinsam mit den polnischen Schülerinnen und Schülern ein Comic-Plakat gestalten. Doch es fiel uns schwer, mit den polnischen Schülern Englisch zu reden. Der einzige deutsche Schüler aus meiner Gruppe, der gut Englisch kann, traute sich nicht, es zu sprechen. Dann habe ich gesagt: Komm, ich fang jetzt einfach mal an. Eigentlich war es dann gar nicht so schwer. Ich mag den Englisch-Unterricht.
Wie habt ihr euch mit den polnischen Jugendlichen verstanden?
Wir haben uns gut verstanden. Alle waren sehr nett und hilfsbereit. Ein Schüler aus Polen und ich haben sogar entdeckt, dass wir das gleiche Lieblingsspiel haben: den Landwirtschaftssimulator. Das haben wir dann zusammen gespielt. Natürlich gab es auch Unterschiede: An einem Abend haben die polnischen Schülerinnen und Schüler für uns gekocht und das Essen war total anders. Aber es hat mir trotzdem gut geschmeckt.
Was war dein persönliches Highlight?
Das Radio-Interview mit der bayerischen Europaministerin Melanie Huml fand ich am coolsten! Außerdem hat mir der Jugendtreff sehr gut gefallen. Dort haben wir uns abends immer getroffen und mit den anderen Schülerinnen und Schülern etwas unternommen. Zudem gab es den erhofften Schnee. Deswegen konnten wir Schlittenfahren und haben eine Schnellballschlacht gemacht.
Was rätst du Anderen, die beim Mittelschulprojekt im Kinderdorf Pestalozzi teilnehmen wollen?
Auf jeden Fall warme Kleidung einpacken! In Trogen ist es im Winter sehr kalt. Ansonsten empfehle ich, einfach ohne große Vorbereitung an die Sache ranzugehen. Auch wenn du nicht weißt, was auf dich zu kommt: Probiere es einfach aus! Und wenn du etwas nicht kannst, dann ist es so. Das ist auch nicht schlimm. Es geht zum Beispiel definitiv auch ohne Sprachkenntnisse. Es gab Gruppen, die haben sich gut mit Händen und Füßen verständigt.
Was hat dir die Zeit in der Schweiz gebracht?
Ich traue mich jetzt, mehr im Englisch-Unterricht zu sprechen und mit Menschen aus anderen Ländern zu kommunizieren. Mir hat die Zeit im Kinderdorf Pestalozzi sehr gut gefallen – es war richtig cool und schön. Ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen!
„Wir kannten uns vor der Reise nicht. Inzwischen sind wir gute Freunde.“
Philipp Lüft und Lara Heindl, Schreiner-Auszubildende im dritten Lehrjahr, waren mit der Beruflichen Schule B11 in Nürnberg zehn Tage lang in Jerusalem. Hier arbeiteten sie unter anderem an einem Holzprojekt mit israelischen Schüler*innen. Im Interview erzählen sie, was ihnen an Jerusalem gefallen und was sie überrascht hat.
Wie hat es euch in Jerusalem gefallen?
Lara: Sehr gut. Die Altstadt ist wunderschön. Am ersten Abend sind wir auf die Haas-Promenade gegangen. Von dort aus konnten wir den Sonnengang beobachten, dann haben wir die Altstadt im Dunkeln gesehen. Das war toll! Die Altstadt von Jerusalem ist allerdings viel kleiner als ich gedacht hatte. Man kann an einem Tag dreimal komplett drum rumlaufen.
Philipp: Mir war vorher nicht bewusst, dass in Jerusalem alles so nah beisammen ist. In drei Minuten läuft man an fünf heiligen Orten unterschiedlicher Religionen vorbei. Das hat mich voll geflasht!
Was war das Highlight eurer Reise?
Philipp: Unsere Reisegruppe war mein Highlight. Wir waren 17 Schreiner*innen aus zwei verschiedenen Klassen – 12 Schüler*innen aus einer Klasse, fünf aus einer anderen. Wir haben uns erst zwei Wochen vor der Reise das erste Mal getroffen.
Doch wir haben uns auf Anhieb super verstanden. Ich habe mich so wohl in der Gruppe gefühlt, ich konnte mich wirklich mit jedem unterhalten. Jeder einzelne, der auf der Reise dabei war, hat sie zu etwas ganz Besonderem gemacht. Ich habe jeden Moment genossen. Lara kannte ich vor der Reise zum Beispiel nicht. Inzwischen sind wir gute Freunde.
Lara: Am interessantesten fand ich das Zeitzeugengespräch bei der internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Wir sind wahrscheinlich eine der letzten Klassen, die so was noch führen kann.
Die Gedenkstätte hat bei mir ohnehin den größten Eindruck hinterlassen. In der Schule erfährt man kaum etwas darüber, wie die Geschichte der Juden nach dem Krieg weiterging, wie sie nach Kriegsende hin- und hergeschickt wurden. Im Geschichtsunterricht ging es vor allem um die Geschehnisse in Deutschland und die Trümmerfrauen. Daher fand ich diesen Teil der Ausstellung sehr spannend.
Was hat euch überrascht?
Philipp: Mich hat überrascht, wie talentiert die israelischen Schüler beim Bearbeiten des Holzes waren. Wir brachten 30 israelischen Schüler*innen zwischen 12 und 21 Jahren bei, wie man einen „Ulmer Hocker“ baut. Das ist ein Hocker mit klassischen Holzverbindungen.
Dabei hatten wir zweieinhalb Stunden für eine Verbindung, für die wir damals im Berufsgrundbildungsjahr vier Wochen Zeit hatten! Und die Schüler*innen haben das einfach so aus dem Stegreif durchgezogen. Das fand ich sehr beeindruckend. Und die Hocker sahen teilweise richtig gut aus.
Außerdem fand ich krass, wie das Stempeln im Bus in Israel funktioniert. Die Leute halten einfach ihr Ticket in die Luft, dann greift es jemand und stempelt es ab. Sowas wäre in Deutschland undenkbar. Hier würde niemand jemand anders sein Ticket anvertrauen. Ich hatte den Eindruck, die Israelis fühlen sich mehr als eine Gruppe als wir.
Was ratet ihr anderen, die einen Austausch machen wollen?
Lara: Macht das, es lohnt sich auf jeden Fall! Du bekommst bei einem Austausch sehr viele neue Eindrücke, lernst super viel über das jeweilige Land, du lernst die Leute aus deiner Klasse besser kennen, schließt neue Freundschaften und erlebst so viel. Selbst wenn es nur eine Woche ist. Das sollte man unbedingt mal gemacht haben.
Was hat euch der Auslandsaufenthalt gebracht?
Philipp: Ich konnten in Israel wichtige Kontakte knüpfen. Denn ich habe vor, nach meiner Ausbildung auf Walz zu gehen. Dabei reist ein ausgelernter Handwerker von Ort zu Ort und sucht Arbeit. Im ersten Jahr ist das auf Deutschland beschränkt, danach darf man global reisen.
Die meisten Handwerker auf Wanderschaft fliegen im Winter gen Süden, zum Beispiel nach Spanien oder Italien. Ich will dann nach Israel fliegen. Dort habe ich bei unserem beruflichen Austausch den Kontakt zum Leiter einer lokalen Werkstatt bekommen. Ihm werde ich eine E-Mail schreiben, wenn es so weit ist. Dann kann ich dort hoffentlich drei bis sechs Monate arbeiten.
Außerdem bin ich noch in Kontakt mit dem Schüler, mit dem ich in Jerusalem an dem Hocker gearbeitet habe. Er hat den gleichen Musikgeschmack wie ich. Deswegen tauschen wir uns auf WhatsApp immer über die Konzerte aus, auf die wir gehen.
„Ich weiß jetzt, was ich als Schreinerin kann und wie ich es anderen vermittle”
Eva Poppenhagen, Schreiner-Auszubildende im dritten Lehrjahr, war mit Mitschüler*innen der Beruflichen Schule B11 in Nürnberg zehn Tage lang in Jerusalem. Hier arbeitete sie unter anderem an einem Holzprojekt mit israelischen Schüler*innen. Im Interview erzählt sie von den bewegendsten und witzigsten Momenten ihrer Israelreise.
Wie kam es zu deinem Austausch in Jerusalem?
Der Austausch kam auf die Initiative meines Lehrers Stephan Falter zustande. Er ist sehr verbunden mit Israel und wollte, dass auch seine Berufsschüler*innen mal einen Jugendaustausch machen können. Wichtig war ihm dabei, eine Verbindung zur Schreiner-Ausbildung herzustellen. Also organisierte er einen Workshop an einer weiterführenden Schule in Jerusalem. Dabei brachten meine Mitauszubildenden und ich 30 israelischen Schüler*innen zwischen 12 und 21 Jahren bei, wie man einen „Ulmer Hocker“ baut. Das ist ein Hocker mit klassischen Holzverbindungen.
Ich fand das eine besondere Gelegenheit. Man hört immer nur, dass Studierende Auslandsreisen machen. Von einer Berufsschule kannte ich das nicht.
Wie hast du dich auf deinen Aufenthalt in Israel vorbereitet?
Ich habe Englischvokabeln für die Projektarbeit mit den israelischen Schülern gepaukt. Fachbegriffe für das Arbeiten mit Holz lernt man ja nicht in der Schule. Außerdem haben wir an der Berufsschule vorab das komplette Holz vorbereitet, einzelne Verbindungen vorgearbeitet und das benötigte Werkzeug zusammengesucht. Wir mussten alles mitbringen, weil wir in Jerusalem in einer ganz normalen Schule in der Bibliothek gearbeitet haben.
Jede*r der 17 Auszubildenden hat deswegen für die Reise zwei Koffer mitgenommen – einen mit Kleidung und einen mit Werkzeug, Holz und Materialien. Damit haben wir die Angestellten am Nürnberger Flughafen schön verwirrt. (lacht)
Was hat dich überrascht?
An dem Tag, an dem wir unser Projekt mit den Schüler*innen in Jerusalem starten wollten, hat unser Reiseleiter seinen Autoschlüssel verloren. Da war unser ganzes Material drin! Ich war total geknickt, weil wir das Projekt jetzt nicht machen konnten, und fragte mich, wie es weitergehen sollte. Doch der israelische Lehrer und die Schüler*innen nahmen die Nachricht extrem locker. Kurzerhand dachten sie sich alternative Aktivitäten aus.
Diese positive Einstellung fand ich so krass. Zudem hatten die Schüler*innen aus Jerusalem keinerlei Berührungsängste. Sie kamen einfach auf uns Deutsche zu und haben mit uns geredet. Am Ende bin ich aus der Schule raus und war glücklich. Wir haben das Projekt dann später komplett an einem Schultag durchgezogen.
Was war das Highlight deiner Reise?
Die ganze Reise war ein Highlight. Wir hatte eine gute Mischung aus sehr bewegenden und witzigen Erlebnissen. Am meisten beeindruckt hat mich der Ausflug zur internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Sie hat uns alle sehr mitgenommen.
Auch beeindruckend war die Fahrt ins Westjordanland zur Begegnungsstätte Roots. Das ist der einzige Ort, an dem sich Siedler*innen und Palästinenser*innen legal treffen dürfen und miteinander kommunizieren. Dort haben wir zwei Menschen getroffen, die uns ihre jeweilige Seite erörtert haben. Ich glaube, hier haben wir erstmals verstanden, worum es im Nahostkonflikt überhaupt geht und dass es kein einfaches richtig und falsch gibt.
Ein sehr witziges Erlebnis war dagegen der Falafel-Workshop. Wir sind alle mit einem Falafel-Maker nach Hause geflogen. Ein Falafel-Maker sorgt dafür, dass die Falafel-Bällchen beim Braten nicht auseinanderfallen. Das wollte ich unbedingt daheim ausprobieren.
Was hast du von deinem Auslandsaufenthalt mitgenommen?
Jede Menge Gewürze. (lacht) Ich habe vor allem Gewürze gekauft, die ich gar nicht kannte. Zum Beispiel Haschka, das man zum Marinieren benutzt und Hassaf, ein sehr scharfes Gewürz. Wenn ich eines davon schmecke, denke ich, ich bin wieder in Israel. Aber im Ernst: Der Austausch hat mir viel für meinen Beruf gebracht, denn ich habe neue Sicherheit gewonnen. Ich habe durch den Austausch erfahren, dass ich weiß, was ich als Schreinerin tue und es anderen vermitteln kann.
„Ich konnte richtig tief ins tansanische Leben eintauchen“
Betty Akhibe war mit dem „Music Exchange Programm“ des Vereins Musicians for a better life drei Wochen lang in Bagamoyo in Tansania. Am Tasuba College of Arts unterrichte sie gemeinsam mit anderen Musikstudierenden aus München E-Bass sowie Musiktheorie und coachte Bands. Hier erzählt sie, was sie bei ihrem Austausch gelernt hat.
Was hat dich motiviert, mit nach Tansania zu reisen?
Ich war bereits zweimal in Afrika und finde den Kontinent und die Musik einfach superspannend. Auch ein Teil meiner Wurzeln liegt dort, mein Vater stammt aus Nigeria. Das erste Mal war ich zwei Wochen lang als Touristin auf Sansibar in Tansania. Anschließend habe ich in Ghana in einer Schule in einem Slum gearbeitet.
Anfang März 2020 war ich das erste Mal mit Musicians for a better life in Bagamoyo. Mit einheimischen Studierenden zu arbeiten, hat mir sehr gut gefallen. Deswegen wollte ich unbedingt nochmal hin und richtig tief ins tansanische Leben eintauchen.
Was meinst du damit?
Bei einem Austausch kann man ganz anders mit Einheimischen in Kontakt treten und sich mit ihnen austauschen als bei einer touristischen Reise. Wir waren in den drei Wochen zum Beispiel mehrmals bei Menschen aus Bagamoyo zu Hause und haben mit ihnen gekocht und gemeinsam Ausflüge gemacht. Diese Erfahrungen machen andere Reisende nicht.
Was hat dich bei deiner Reise am meisten überrascht?
Mich hat überrascht, wie viel sich in den letzten zwei Jahren zum Positiven gewandelt hat. 2020 hatte zum Beispiel kaum ein Studierender ein Smartphone. Jetzt hatten fast alle eins. Ich hatte den Eindruck, dass sie durch den Internetzugang plötzlich viel mehr Wissen hatten. Zudem fiel diesmal deutlich seltener der Strom aus.
Auch musikalisch waren die Studierenden viel weiter als damals. Es war cool zu sehen, wie sie sich seit 2020 entwickelt hatten und wie die Arbeit nachwirkt, die wir miteinander geleistet hatten.
Vor welchen Herausforderungen standst du während deiner Reise?
Ich hatte neun Schüler in meinem Unterricht und nur einen funktionierenden Bass. Den haben wir dann regelmäßig weitergegeben, damit ihn jeder zumindest zehn bis 15 Minuten in der Hand hatte. Zudem gab es Instrumente, an denen die Studierenden „trocken“ üben konnten. Das waren Bässe, die man nicht anschließen konnte oder bei denen eine Saite gefehlt hat.
Manchmal war auch die Kommunikation schwierig, weil in Tansania viele nicht gut Englisch sprechen. Das galt für die Workshops, aber auch wenn wir in Bagamoyo unterwegs waren. Es waren aber meistens einheimische Studierende dabei, die für uns übersetzen konnten. Mit der Zeit habe ich auch die wichtigsten Wörter gelernt, so dass ich zum Beispiel mein Essen im Imbiss problemlos bestellen konnte.
Was hast du – neben ein paar Brocken Swahili – bei deinem Auslandsaufenthalt noch gelernt?
Immer offen auf Leute zuzugehen. In Deutschland ist man meist sehr für sich und macht sein eigenes Ding. In Tansania wird man dagegen immerzu von allen Seiten angequatscht, die Menschen sind ständig im Austausch. Das finde ich sehr schön.
Hast du in den drei Wochen auch etwas vermisst?
Ja, Trinkwasser aus der Leitung und warmes Wasser aus der Dusche. Der Lebensstandard in Tansania ist schon wesentlich niedriger als bei uns. Dennoch wirken die Leute viel glücklicher als in Deutschland.
Was rätst du anderen jungen Menschen, die einen Austausch machen wollen?
Macht es einfach, es ist richtig cool! Ihr braucht keine Angst vor anderen Kulturen zu haben. Denn in jedem Land trifft man auf Menschen – und die sind meistens gar nicht so anders als wir.
„Mir hat es so gut gefallen, dass ich jetzt ein ganzes Semester in England plane.“
Tunay Cokbildik studiert Soziale Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule in München. Im Rahmen einer Studienreise war er mit seinen Kommilitonen eine Woche lang in Leeds in England unterwegs. Dort hat er erlebt, was Barrierefreiheit wirklich bedeutet.
Was haben du und deine Kommilitonen in Leeds gemacht?
Wir haben uns angeschaut, wie Soziale Arbeit in England funktioniert. Unter der Woche hatten wir vormittags ein Studien-Programm, bei dem uns zwei Professoren der Uni in Leeds eine Einführung in die Geschichte der Sozialen Arbeit in England gegeben haben. Dann durften wir verschiedene soziale Einrichtungen besuchen und uns dort mit Fachkräften austauschen.
Nachmittags hatten wir viel Freizeit. Gemeinsam mit den englischen Studierenden haben wir die Stadt auf eigene Faust erkundet und verschiedene Sachen unternommen.
Was hat dich motiviert ins Ausland zu gehen?
Ich liebe es, meinen Horizont zu erweitern. Und da ist es mir auch egal, dass ich beeinträchtigt bin. Ich lebe im Hier und Jetzt. Man sollte das Beste aus allem machen und im Leben möglichst viel mitnehmen. Manchmal ist das nicht einfach. Aber ich denke mir immer: Was nicht passt, wird passend gemacht! Außerdem liebe ich es, Englisch zu sprechen, neue Leute kennenzulernen und mit meinen Kommilitonen etwas zu unternehmen. Für mich wird Inklusion großgeschrieben.
War das deine erste Studienfahrt?
Nein, meine zweite. Ich war schon einmal in Tschechien. Es war aber meine erste Studienfahrt nach England und auch meine erste Reise mit dem Flugzeug. Ich bin davor nie geflogen, weil ich dafür so vieles organisieren und mitnehmen muss. Die Reise war für mich sehr herausfordernd. Aber ich habe sie gemeistert. Und es war einfach nur cool.
Vor welchen Herausforderungen standest du? Was musstest du vor der Abreise alles beachten?
Da ich pflegebedürftig bin, brauche ich spezielles Equipment. Wie zum Beispiel einen Dusch-Stuhl oder einen Lifter. Das ganze Equipment konnte ich nicht im Flugzeug transportieren. Deswegen musste ich monatelang rumrecherchieren, wo ich diese Ausrüstung in England ausleihen kann – und das auch noch auf einer fremden Sprache. Mein Englisch ist leider nicht „the yellow from the egg“ (lacht).
Und wenn ich mit Engländern telefoniert habe, dann dachte ich mir oft: Oh mein Gott, sie sprechen so schnell. Das war sehr herausfordernd. Ich musste zum Beispiel im Hotel anrufen und nachfragen, ob es wirklich rollstuhlgerecht ist. Ich habe in einem Hotel übernachtet, weil das Hostel, in dem meine Kommilitonen schliefen, nicht barrierefrei war.
Welche Unterschiede zwischen Deutschland und England sind dir am stärksten in Erinnerungen geblieben?
England ist viel barrierefreier als Deutschland. Ich dachte immer Deutschland sei das Musterland, in dem beeinträchtige Menschen autonom leben können. Aber nach meiner Studienfahrt, dachte ich mir einfach nur: Wow! Es geht also noch besser.
Wie hat sich das bei deinem Aufenthalt in Leeds bemerkbar gemacht?
Das fing schon bei der Anreise an: Die Ankunft am Flughafen in Manchester war super. Die Zugfahrt nach Leeds lief einwandfrei. Und als ich am Hauptbahnhof in Leeds ankam, war ich überrascht: Dort standen fünf bis sechs behindertengerechte Taxis. Ich konnte einfach spontan aussuchen in welches Taxi ich steige und entscheiden, wohin ich fahren möchte. Das war für mich ein richtiges Highlight. In Deutschland gibt es das leider nicht. Hier muss man solche Taxis vier bis fünf Tag vorher bestellen, damit man überhaupt von A nach B kommt.
Außerdem sind moderne Gebäude barrierefrei. Und auch ältere Häuser sind renoviert. Überall gibt es elektrische Rampen, mit denen ich in jedes Gebäude kam. Und auch die Reisebusse, die nach London oder Liverpool fahren, sind barrierearm. Ich war einfach nur baff. In München ist keiner der Reisebusse rollstuhlgerecht ausgestattet.
Kurz gesagt: Als beeinträchtigter Mensch habe ich mich in Leeds nicht mehr so beeinträchtigt gefühlt. Mir hat es so gut gefallen, dass ich jetzt ein ganzes Semester in England plane.
Wie laufen die Planungen für dein Auslandssemester?
Es ist sehr viel zu organisieren. Ich muss vor allem eine barrierefreie Unterkunft finden, das ist schwierig. Dann benötige ich wieder das Equipment – diesmal sogar für ein komplettes Semester. Wie teuer ist das? Wo finde ich Assistenzkräfte? Wer kann mich vor Ort unterstützen? Das sind ganz neue Herausforderungen. Ich habe sehr viel Respekt davor. Aber ich will das durchziehen. Ich habe eine sehr hohe Willenskraft.
Was nimmst du von deiner ersten Reise nach England mit?
Ich habe meinen Horizont immens erweitert. Ich habe erlebt, wie barrierefrei England ist. Das möchte ich vor allem meinen Mitmenschen weitergeben, die ebenfalls beeinträchtig sind. Ich kenne viele Freunde, die nicht die Möglichkeiten haben. Denn wir wissen oft nicht, ob es das entsprechende Equipment vor Ort gibt.
Durch Reisen wird man außerdem reifer. Man lernt andere Menschen kennen und neue Orte. Das ist etwas sehr schönes. Ich kann nur sagen: Leute, zieht das einfach durch. Wenn man solch eine Gelegenheit hat, dann sollte man das machen! Und egal wie schwer es manchmal ist, mit den richtigen Leuten ist es einfacher. Oder mit den richtigen Stiftungen.
„Ich habe etwa 50 neue Freunde gefunden“
Leon Kerner war mit dem „Music Exchange Programm“ des Vereins Musicians for a better life drei Wochen lang in Bagamoyo in Tansania. Am Tasuba College of Arts unterrichte er gemeinsam mit anderen Musikstudierenden aus München Klavier und gab Bandworkshops. Hier erzählt er von seinen Eindrücken.
Wie kam es dazu, dass du mit Musicians for a better life (kurz: MuFo) nach Tansania gereist bist?
Ich bin seit 2020 bei MuFo aktiv. Ich helfe dort vor allem in der Verwaltung. Bei einem Projekt mitzufahren, habe ich mich bislang aber nicht getraut. Doch dann haben mir Philipp aus Uganda und Thomas aus Tansania, die seit etwa einem Jahr hier bei uns in München sind, die Reise nach Tansania schmackhaft gemacht.
Sie haben mir erzählt, was man dort alles in der Freizeit machen kann, wie viele verschiedene Biermarken sie haben und was es alles Gutes zu essen gibt. Als wir im Biergarten waren, hat mir Thomas zum Beispiel erzählt, dass es Brathendl mit Pommes auch in Tansania gibt. Dort heiße das Gericht aber „Chipsy Kuku“ und schmecke viel besser. Ihre Erzählungen haben mich schließlich überzeugt.
Wie hast du dich auf deinen Aufenthalt vorbereitet?
Ich hatte vor allem Angst, in Tansania krank zu werden oder Probleme mit dem Magen zu bekommen. Davor wird oft gewarnt. Deswegen bin ich ab einem halben Jahr vor Reisebeginn fast wöchentlich zum Arzt gerannt, um mich gegen verschiedene Krankheiten impfen zu lassen.
Außerdem habe ich mir eine sehr großzügige Reiseapotheke zugelegt und mir angemessene Kleidung gekauft. In Tansania ist es nicht gerne gesehen, wenn man viel Haut zeigt, besonders bei der oberen Körperhälfte. Selbst ins Wasser gehen die Menschen mit Hose und T-Shirt. Das hat zum Teil religiöse Gründe, etwa die Hälfte der Bevölkerung ist muslimisch. Es dient aber auch dem Schutz vor Mücken, die verschiedene Krankheiten wie Malaria übertragen.
Welche kulturellen Unterschiede hast du festgestellt?
Da gab es einige. Die kulturellen Unterschiede waren größer, als ich erwartet hatte. Das ging direkt nach unserer Ankunft los, als wir vom Flughafen mit dem Taxi zum College gefahren sind. Da war es 3 Uhr nachts, doch die Straßen waren total belebt. Jeder war unterwegs, hat Stände vorbereitet oder Früchte verkauft. Das war faszinierend. Außerdem ist der Taxifahrer wirklich wild gefahren. Rote Ampeln sind dort völlig belanglos. Man muss nur hupen, bevor man drüberfährt. Im Zweifel gewinnt dann der mit dem größeren Auto.
Außerdem war es an den ersten Tagen befremdlich, von fremden Menschen mit Körperkontakt begrüßt zu werden. Die Tansanier begrüßen jeden – ob sie ihn kennen oder nicht – mit einem Handschlag oder in der jüngeren Generation mit einem Hand-Check. Das ist eine freundliche Geste. Als Weißer fällt man in Bagamoyo schon ziemlich auf, deswegen habe ich unzählige Hände geschüttelt. Damit war ich am Anfang echt überfordert. Schließlich grüßen sich Fremde auf der Straße in Deutschland nicht einmal.
Was hat dir dein Aufenthalt in Tansania gebracht?
Ich habe in den drei Wochen etwa 50 neue Freunde gefunden. Die Menschen dort sind so herzlich. Mit einigen habe ich noch digitalen Kontakt, viele erkunden sich regelmäßig nach meinem Wohlbefinden.
Auch musikalisch habe ich viel dazu gelernt – was ja auch eine Absicht des Programms „Music Exchange“ ist. Der Rhythmus ist bei tansanischer Musik oft ganz anders. Bei uns ist er sehr präzise, alle Instrumente spielen zum exakt gleichen Zeitpunkt. In Tansania ist das anders, hier können sich die Instrumente auch überlagern. Das ist unfassbar komplex. Oftmals waren wir gar nicht in der Lage, tansanische Rhythmen wiederzugeben, weil uns dafür die Intuition fehlte. Die Studierenden dort hatten den Rhythmus dagegen im Blut.
Was war das Highlight deiner Reise?
Mein persönliches Highlight war das Abschlusskonzert am Tasuba College of Arts. Am Ende spielten wir das Lied „Malaika“ – einen Klassiker, den in Tansania jeder kennt und laut mitsingen kann. Eigentlich war geplant, dass nur wir Studierenden aus Deutschland auf der Bühne stehen und alle anderen von unten aus dem Publikum mitsingen. Doch die Menschen waren bei dem Lied so begeistert, dass sie alle auf die Bühne stürmten. Am Ende standen dort 50 Leute, alle sangen wild durcheinander, sprangen auf der Bühne rum und hatten Spaß. Das war verrückt, aber auch sehr lustig!
Hat sich dein Blick auf das Land durch den Austausch geändert?
Ja, auf jeden Fall. Meine Vorstellungen waren gar nicht so konkret. Aber bei dem, was man in den Medien hört, erwartet man in Afrika Armut und Menschen, denen das Leid ins Gesicht geschrieben steht. Das war überhaupt nicht so! Das Leben in Tansania funktioniert gut. Ich habe eine unfassbar glückliche und freundliche Gesellschaft erlebt, die in manchen Aspekten so viel schöner war als die Europäische.
Was ist dein Fazit?
Die Reise war eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Ich kann das Land nur jedem empfehlen. Am schönsten ist es natürlich, wenn man direkten Kontakt zu den Einheimischen hat wie wir. Ich will jetzt unbedingt nochmal nach Tansania. Vielleicht kann ich schon im nächsten Frühling nochmal mit MuFo für ein Musiktheaterprojekt hin. Falls das nicht klappt, fliege ich auf jeden Fall nochmal privat hin.
„Die Reise hat meinen Horizont erweitert“
Conni Vogt ist 20 Jahre alt und studiert Soziale Arbeit im 6. Semester. Sie war im Jahr 2016 mit dem Kreisjugendring zehn Tage lang in Israel und berichtet von ihren Erfahrungen.
Wie bist du auf die Idee gekommen, an einem Austausch teilzunehmen?
Grundsätzlich reise ich gern! Ich liebe es, neue Leute und Kulturen kennenzulernen. Schon vor dem Israel-Besuch habe ich an einem Austausch mit Spanien teilgenommen. Eher zufällig las ich in der Zeitung eine Anzeige für den Israel-Austausch mit dem Kreisjugendring – und habe mich dann spontan dafür angemeldet. Mich sprach an, dass man bei diesem Angebot in einer Gruppe reisen konnte und dass es aufgrund der Zuschüsse auch finanziell gut zu bewerkstelligen war.
Hast du dir das Gastland Israel bewusst ausgesucht?
Nein, das war eher Zufall. Aber als ich erfuhr, dass es nach Israel geht, war ich gleich begeistert: Ich wollte unbedingt mal außerhalb von Europa reisen und das Tote Meer sehen.
Was war das Highlight der Reise?
Definitiv der Aufenthalt am Toten Meer. Man kann tatsächlich auf dem Rücken im Wasser liegen und dabei ganz bequem die Zeitung lesen. Auch die Ausflüge zum Jordan und zum See Genezareth waren unvergesslich: Als wir am Jordan waren, erlebten wir dort sogar eine Taufe mit. Das war im Grunde „Bibelkunde live“.
Gab es ein überraschendes Erlebnis?
Oh ja: Am Sabbatabend hat die Oma der Gastfamilie ein reichhaltiges Mahl aufgetischt. Ich habe mich bereits beim ersten Gang komplett sattgegessen, weil alles so köstlich war und ich unbedingt alles probieren wollte. Ich wusste nur leider nicht, dass es noch drei weitere Gänge geben würde. So satt war ich bisher noch nie in meinem Leben (lacht).
Hast du auch Herausforderungen erlebt?
Keine dramatischen: Die Verständigung mit der Gastfamilie lief zuweilen etwas holprig, was hauptsächlich an der Sprachbarriere lag. Das habe ich aber nicht wirklich als störend empfunden, denn wir haben dort überwiegend nur übernachtet und waren tagsüber immer in unserer Gruppe unterwegs.
Wie hat dir Israel gefallen?
Sehr. Besonders beeindruckt hat mich der Kontrast zwischen dem modernen und weltstädtischen Tel Aviv und dem sehr altertümlichen, religiösen Jerusalem. Es ist faszinierend, wie viele unterschiedliche Facetten ein so kleines Land haben kann. Ungewohnt für mich war die Präsenz von Waffen: Es laufen dort viel mehr bewaffnete Menschen herum als bei uns. Doch daran hatte man sich bald gewöhnt.
Was nimmst du mit aus deinem Aufenthalt in Israel?
Es hat sich für mich – wie auf vorherigen Reisen – bestätigt, dass alle Menschen letztlich doch gleich sind, die gleichen Sorgen und Nöte, Wünsche und Träume haben.
Was rätst du anderen, wenn es um einen Austausch geht?
Einfach so offen sein wie möglich: für das Land, die Menschen und die Kulturen. Sammelt Erfahrungen und geht ohne Scheuklappen und Vorurteile auf die Menschen zu. Denkt vorher nicht zu viel nach und macht euch keine Sorgen: Es kommt sowieso anders, als man denkt! Reisen bildet enorm und erweitert den Horizont.
„Ein Turbo fürs Selbstbewusstsein“
Julia Fleischmann ist 21 Jahre alt und studiert in Würzburg Pädagogik und Wirtschaftswissenschaften. Sie hat nach dem Abitur ein Jahr im tschechischen Pilsen verbracht – im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes bzw. der Tandem-Organisation.
Julia, was hat dich motiviert, ins Ausland zu gehen?
Ich habe 2018 mein Abi gemacht – und in den Monaten vor dem Abi haben meine Mitschüler und ich uns natürlich häufig darüber Gedanken gemacht, wie die Zeit danach aussieht: Gleich ins Studium? Oder ein freiwilliges soziales Jahr? Work & Travel? Es gibt ja heute unendlich viele Möglichkeiten. Letztlich hat, glaube ich, mein Bruder den Ausschlag gegeben: Er ist drei Jahre älter als ich und hat einen Freiwilligendienst in Luxemburg gemacht. Über ihn hatte ich Erfahrungen aus erster Hand, und so reifte dann auch mein Wunsch, auch mal ins Ausland zu gehen.
Hast du dir das Land Tschechien bewusst ausgesucht?
Nicht wirklich. Von der Chronologie war es eher so, dass ich mich zunächst mit verschiedenen Organisationen, Programmen und Trägern auseinandergesetzt habe, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was man so machen kann und welche Länder es gibt. Im Laufe dieses Prozesses stellte ich fest, dass die östlichen Nachbarstaaten für mich spannend sein könnten, denn dort war ich vorher noch nie zuvor gewesen. Tschechien bzw. Pilsen fand ich dann für mich besonders interessant, weil es einerseits im Ausland liegt, andererseits aber mit einer Distanz von rund 200 Kilometern auch nicht extrem weit von meiner Heimat entfernt ist.
Was hast du dort gemacht?
Eine ganze Menge (lacht), es gab keine Langeweile. Zum einen haben wir die Internetseite http://ahoj.info/ aufgebaut und betreut, auf der tschechische und deutsche Austauschteilnehmer von ihren Erfahrungen berichten. Dafür habe ich zum Beispiel Artikel geschrieben und Fotos gemacht. Außerdem haben meine Kollegen und ich für den Europäischen Solidaritätskorps zwei große Seminare vorbereitet, geplant und durchgeführt. Und natürlich habe ich fleißig die Gelegenheit genutzt, im Rahmen von Sprachkursen Tschechisch zu lernen.
Kann man so einen Aufenthalt überhaupt ganz ohne Sprachkenntnisse wagen?
Auf jeden Fall. Bei Tandem sind genügend Leute, die Deutsch und Tschechisch können und einem unter die Arme greifen. Außerdem lernt man das, was man im Alltag braucht – zum Beispiel beim Einkaufen – sehr schnell. Zu guter Letzt gibt es dann ja auch noch die Sprachkurse. So hat mir Tandem einen Sprachkurs mit einer Privatlehrerin ermöglicht, danach nahm ich noch an einem mehrwöchtigen Intensiv-Tschechischkurs mit Erasmus-Studenten teil.
Hast du in Tschechien eine andere Kultur kennengelernt als in Deutschland?
Eigentlich nicht. Im täglichen Miteinander gab es keine wirklich erwähnenswerten kulturellen Unterschiede. Auch was die Esskultur angeht, habe ich mich sehr heimisch gefühlt – was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich aus Bayern komme, wo man tendenziell ähnlich rustikale und sättigende Speisen schätzt wie in Tschechien (lacht).
Was war das Highlight deines Aufenthalts?
Ganz generell haben mir immer die großen Zusammenkünfte mit anderen Freiwilligen aus Tschechien und Deutschland besonderen Spaß gemacht: beim On-Arrival-Training, bei den Midterms, bei den Seminaren. Es ist einfach total schön, so viele Menschen zu treffen, die alle etwas gemeinsam miteinander auf die Beine stellen.
Was hat der Auslandsaufenthalt bei dir bewirkt?
Eine Menge: Im Grunde ist das ein Turbo fürs Selbstbewusstsein. Du kommst als behütete Schülerin plötzlich „in die weite Welt“, musst deine Reisen selber buchen, deine eigenen Bahnen ziehen. Du musst aber auch strukturiert arbeiten, wozu manchmal auch ganz profane Büroarbeit gehört. Ich habe gelernt, Webseiten zu betreuen, Fotos zu machen und zu bearbeiten, Artikel zu schreiben. Und ich habe Seminare geleitet, Vorträge gehalten, offen und frei geredet: Es macht einen dann schon ein bisschen stolz, wenn das nach einiger Zeit ganz locker von der Hand geht. Ich habe für meine Persönlichkeit definitiv sehr von diesem Austausch profitiert.
Gab es auch schwierige Phasen?
Kurz vor Weihnachten hatte ich mal ein, zwei Wochen ein kleines Tief, was sich vor allem in starkem Heimweh äußerte. Nachdem ich meine Familie in Deutschland zu Weihnachten besucht hatte, war das aber schnell abgehakt. Ansonsten habe ich keine schwierigen Dinge erlebt.
Was rätst du anderen, wenn es um einen Austausch geht?
Vor allem: Betrachtet euer Zielland nicht mit dem Blick des Urlaubers. Es muss nicht immer Spanien oder eines der gängigen touristischen Reiseziele sein. Habt einen offenen Blick für alle Länder und informiert euch bei den entsprechenden Organisationen gut darüber, was sie für Programme und Tätigkeiten anbieten. Denn gerade bei längeren Aufenthalten sollte man auch einen Blick dafür mitbringen, wie der Alltag dort aussieht. Und: Kommuniziert offen, wenn ihr mal ein Problem oder eine Frage habt. Alle sind super hilfsbereit und es gibt für alles eine Lösung.
„Zehn spannende Monate mit Höhen und Tiefen“
Wolfgang Henneberger ist 19 Jahre alt und absolviert aktuell seinen Bundesfreiwilligendienst beim lokalen Kreisjugendring. Danach wird er an der Uni Regensburg Amerikanistik und Politikwissenschaft studieren.
Was hat dich motiviert, einen Austausch zu machen?
Ein bisschen liegt die Lust am Reisen und das Interesse an anderen Kulturen wohl bei uns in der Familie: Meine Mutter war Flugbegleiterin, mein Vater hatte als Kameramann viel im Ausland zu tun – und auch meine Kusine hatte bereits vor mir einen USA-Austausch gemacht. Daher reifte in mir schon früh der Wunsch, auch einmal längere Zeit im Ausland zu verbringen.
Warum hast du dir die USA ausgesucht?
Die USA sind in meinem Leben immer schon sehr präsent gewesen, was natürlich in erster Linie auf die Popkultur wie Musik und Kino zurückzuführen ist.
Wo warst du und wie lange dauerte dein Aufenthalt?
Ich war insgesamt zehn Monate in den USA, und zwar in der Kleinstadt Tawas City im Bundesstaat Michigan, die unmittelbar am Huron-See liegt.
Wie hast du dich auf deinen Aufenthalt vorbereitet?
Ich habe da schon recht viel Zeit investiert. Das hatte vor allem finanzielle Gründe, denn eine so lange Reise kann eine Familie nicht mal eben aus der Portokasse bezahlen. Daher nahm ich am Parlamentarischen Patenschaftsprogramm (PPP) teil und musste mich über die gemeinnützige Austauschorganisation Youth for Understanding einem Auswahlverfahren unterziehen. Unter anderem musste ich Bewerbungsschreiben verfassen und zu einem Auswahltag in München fahren, wo unsere Sozialkompetenzen und Englischkenntnisse geprüft werden. Das ist auch gut so: Immerhin ist das ein richtiges Stipendium! Ein Bundestagsabgeordneter übernimmt die Patenschaft dafür – und man ist dann ja später in den USA auch ein Stück weit Botschafter seines Landes. Also: Es war schon mit etwas Mühe und Aufwand verbunden, was sich aber definitiv gelohnt hat.
Gibt es etwas, was die Menschen in den USA besonders charakterisiert?
Ich kann natürlich nur für Tawas City sprechen, halte es aber trotzdem für verallgemeinerbar. Es gibt ja das Klischee, dass die Amerikaner offener und zugleich auch etwas oberflächlicher sind als die Deutschen. An diesem Klischee ist schon etwas dran: Ich war fasziniert, wie offen alle Menschen – ungeachtet von Alter, Geschlecht oder beruflicher Position – auf mich zugekommen sind. Ich bin sehr viel zu anderen Menschen eingeladen worden und traf überall auf offene Türen. Allerdings ebbte das Interesse dann aber auch häufig genauso schnell ab, wie es zustande gekommen war.
Was war das Highlight der Reise?
Jedes Jahr richtet meine Gastschule ein „Snowcoming“ aus, einen Winterball. Ich wurde mit in den „Snowcoming Court“ gewählt, der die Veranstaltung organisiert und vorbereitet – und hinterher wurde ich sogar zum „Dance Prince“ – zum Ballkönig gewissermaßen – ernannt, obwohl ich gar nicht besonders gut tanze (lacht).
Gab es skurrile Begebenheiten?
In der ländlichen Region von Michigan wird im Herbst leidenschaftlich gejagt. Es ist schon ungewohnt, wenn plötzlich ein Großteil der Bewohner auf die Jagd geht und die Mitschüler in den sozialen Medien Fotos posten, auf denen sie mit einem erlegten Hirsch posieren. Ich kam dann auch in den zweifelhaften Genuss, beim Ausnehmen eines Hirsches behilflich zu sein.
Hast du auch Herausforderungen oder Schwierigkeiten erlebt?
Vor Weihnachten hatte ich ein kleines Tief. Zum einen hatte ich tatsächlich etwas Heimweh, zum anderen hatte sich in der recht kinderreichen Gastfamilie alles soweit eingespielt, dass ich nicht mehr der mit Spannung erwartete Gast war, sondern einfach nur ein ganz gewöhnliches Familienmitglied. Es kehrte der klassische Alltag ein, in dem man sich auch mal zofft oder die „Geschwister“ aus der Gastfamilie mit ganz weltlichen Pubertätsproblemen konfrontiert sind. Aber diese Phase ging nach ein paar Wochen wieder vorbei, ich baute mir auch meinen eigenen Freundeskreis auf.
Hat sich dein Blick auf das Land durch den Austausch geändert?
Ja, schon, aber eher im Nachhinein. Während meines Aufenthalts lebte ich in meiner amerikanischen Kleinstadtblase und bekam wenig von Politik mit. Ich habe kaum Nachrichten gelesen, sondern mich mehr um mein ganz normales Leben dort gekümmert. Erst nach meiner Rückkehr begann ich, mich wirklich mit der Politik und der Geschichte der USA auseinanderzusetzen – und natürlich auch mit den Konflikten zwischen den Republikanern und Demokraten.
Was rätst du anderen, wenn es um einen Austausch geht?
Seid so weltoffen wie möglich! Nutzt die erste Zeit vor allem zum Beobachten und dazu, euch in das Land hineinzufinden. Ansonsten sollte man so aktiv wie möglich an allem teilnehmen und so viele Erfahrungen mitnehmen wie nur möglich.