Zehn Tage lang ging Laura in Pilsen statt in Cham zur Schule. Ein Lehrer hatte sie auf das Programm Bayerisch-Tschechisches Gastschuljahr der Euregio Bayerischer Wald–Böhmerwald–Unterer Inn aufmerksam gemacht. Hier erzählt die Schülerin aus der 11. Klasse des Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium Cham, was sie an Tschechien faszinierte und wie das Leben in der Gastfamilie war.
Was hat dich motiviert, an einem Schüleraustausch mit Tschechien teilzunehmen?
Ich bin über meine Freundin Julie dazu gekommen. Sie lernt - im Gegensatz zu mir -Tschechisch in der Schule. Ihr Tschechischlehrer, der gleichzeitig unser Physiklehrer ist, hatte sie auf das Programm aufmerksam gemacht. Als er dann fragte, ob ich auch Interesse hätte, weil noch Plätze frei wären, habe ich direkt ja gesagt. Ich war vorher noch nie in Tschechien und hatte Lust darauf, ein neues Land und neue Menschen kennenzulernen.
Das heißt, du konntest vor deinem Auslandsaufenthalt kein Tschechisch?
Nein. Ich habe erst durch das Heft, das wir vor unserem Austausch bekommen haben, ein paar Wörter gelernt. Da standen Begrüßungen oder wichtige Wörter wie Danke drin. Während des Aufenthalts in Tschechien haben Julie und ich dann Privatunterricht von zwei Lehrerinnen bekommen, wenn die tschechischen Schülerinnen und Schüler einen Test geschrieben haben. Dabei haben wir Grundlegendes wie Vokabeln für wichtige Gegenstände und Farben gelernt.
Und wie bist du mit deinen geringen Sprachkenntnissen zurecht gekommen?
Sehr gut. Ich hatte kaum Probleme, den Unterricht zu verstehen. Deutsch- und Englischstunden konnte ich problemlos folgen und auch bei Chemie und Mathe war es einfach mitzukommen, weil wir da schon ähnliche Themenbereiche hatten. Textlastige Fächer wie Tschechisch, Geschichte oder Biologie waren eher ein Problem. Aber meine Austauschschülerin Eli war sehr lieb und hat mir immer alles erklärt. Wenn ich bei einer Seite mal gar nicht mitgekommen bin, habe ich sie mit „Google Translate“ übersetzt.
Ich hatte kaum Probleme, den Unterricht zu verstehen.
Meine Austauschschülerin konnte gut Deutsch. Meine Gasteltern, der Gastbruder und die anderen Schüler haben vorwiegend Deutsch oder Englisch mit mir gesprochen. Oder so Kindergarten-Tschechisch, also einfache, kurze Sätze, die ich auch verstehe. Ich denke, es ist gar nicht schlecht, ins kalte Wasser geschmissen zu werden. Dann lernt man nämlich echt viel auf einmal. Für nur zehn Tage habe ich echt einiges mitgenommen. Seit ich zurück bin, lerne ich weiterhin nebenbei Tschechisch. Bei meinen Sprachkenntnissen ist zwar noch Luft nach oben, aber es macht mir sehr viel Spaß. Tschechisch ist eine schöne Sprache.
Du hast dir Tschechien nicht bewusst als Austauschland ausgesucht. Gab es trotzdem etwas, was dich an Tschechien besonders angesprochen hat?
Tschechien ist zwar ein Nachbarland, aber irgendwie bekommt man nicht so viel davon mit. Deswegen fand ich es als Austauschland gut gewählt. Ich glaube, dass das Land bei so einer Chance eigentlich zweitrangig ist. Denn es geht darum, mal aus seinem eigenen Land rauszukommen und was Neues kennenzulernen. Und dann ist es egal, ob das jetzt im Nachbarland oder am anderen Ende der Welt ist.
An Tschechien fand ich faszinierend, dass es so anders ist als Deutschland, aber auch so gleich. Zum Beispiel beim Essen: In Tschechien gibt es Svíčková. Das ist Fleisch mit Knödeln und Soße, also eigentlich ein Gericht, wie wir es in Bayern auch haben. Doch statt Kartoffelknödeln gibt es böhmische Brotknödel. Oder in der Schule: Es gibt dieselben Fächer und dasselbe Klassensystem, aber dennoch ist die Atmosphäre anders. Die Schüler laufen dort nämlich alle in Hausschuhen herum, das macht es weniger formell. Außerdem haben sie nach jeder Schulstunde eine Pause, nicht nur alle zwei. Deswegen kommen die Schülerinnen und Schüler mehr zum Reden zusammen, was voll cool war.
Wie war das Leben in der Gastfamilie?
Meine Gastfamilie war richtig süß. Sie hat mich aufgenommen, wie ihr eigenes Kind und sich richtig gut um mich gekümmert. Ungewohnt war für mich nur das Leben in der Stadt. Ich komme vom Land, wir haben einen Bauernhof. Ich habe noch nie einem Hochhaus gewohnt.
Meine Austauschschülerin und ich haben uns ein Zimmer geteilt und uns richtig gut verstanden. Wir haben viele Gemeinsamkeiten entdeckt: Wir singen beide im Chor, hören viel Musik, unternehmen gerne was mit Freunden, lesen und verbringen Zeit in der Natur. Als ich nach Tschechien gegangen bin, habe ich eine Austauschschülerin zugeteilt bekommen, als ich zurückkam, habe ich eine Freundin gehabt.
Eli hat mich inzwischen bereits für ein Wochenende in Deutschland besucht. Die Entfernung zwischen Cham und Pilsen ist auch voll in Ordnung, das sind nur etwa eineinhalb Stunden mit dem Zug.
Als ich nach Tschechien gegangen bin, habe ich eine Austauschschülerin zugeteilt bekommen, als ich zurückkam, habe ich eine Freundin gehabt.
Wenn du nun zurückblickst: Was hat dir der Aufenthalt in Tschechien gebracht?
Sehr viel Erfahrung. Man wächst als Person, wenn man so viele neue Leute kennenlernt und sich mal allein, ohne die Familie und das gewohnte Umfeld, durchschlagen muss. Ich habe so viele neue Sachen dazu gelernt. Wenn ich darüber nachdenke, was ich alles erlebt habe, finde ich es voll verrückt. Ich habe in den paar Tagen sehr viel Selbstbewusstsein gewonnen. Das hätte ich vorher nie gedacht.
Was rätst du anderen, die einen Austausch in Tschechien machen wollen?
Macht es! Das ist das Beste, was man tun kann. Ich würde jedenfalls keinen Moment davon missen wollen. Das war einfach richtig cool!