Nisa mit ihrer Gastmutter in den USA
„Ich wusste nicht, dass ich als Mittelschülerin überhaupt ein Auslandsjahr machen darf“
Nisa
17
USA
Schülerin

Highschool in Ohio statt Mittelschule in München: Nisa (auf dem Foto rechts) verbrachte zehn Monate in den USA. Die Teilnahme am Programm „USA for you“ hatte sie dazu motiviert. Welche Hürden sie bei dem Schüleraustausch nehmen musste, was sie anderen Jugendlichen rät und was ihr der USA-Aufenthalt gebracht hat, erzählt sie hier.

Wie bist du auf die Idee gekommen, an einem Schüleraustausch teilzunehmen?

Ich war 2022 mit dem Programm „USA for you“ zwei Wochen in Amerika und habe dort ehrenamtlich gearbeitet. Eine Bekannte hatte mich auf das Programm aufmerksam gemacht. Dadurch habe ich dann von der Möglichkeit erfahren, einen Schüleraustausch in den USA zu machen. Ich wusste vorher nicht, dass ich als Mittelschülerin überhaupt ein Auslandsjahr machen darf. Ich dachte, das ist nur etwas für Gymnasiasten und vielleicht noch für Realschüler.

Bei den Vorbereitungstagen kam nur eine weitere Schülerin von einer Mittelschule, der Rest ging aufs Gymnasium. Die Gymnasiasten haben uns erzählt, dass Mitarbeiter an ihre Schule kamen und das Auslandsjahr vorgestellt haben. Solche Präsentationen gab es an unserer Schule nicht. Deswegen habe ich das selbst übernommen. An der Mittelschule geht es eher darum, die Schüler auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Aber meiner Meinung nach sollte man nicht direkt nach der Schule in den Beruf springen, sondern auch mal was anderes machen und versuchen, die eigenen Stärken und Interessen zu finden. Denn dabei lernt man fürs Leben.

Warum wolltest du gerade in die USA?

Ich wollte meine Englischkenntnisse verbessern, meinen Horizont erweitern und lernen, mich in einer neuen Umgebung ohne Familie und Freunde zurechtzufinden. Außerdem habe ich viele amerikanische Filme und Serien über die Highschool und das Leben in den USA gesehen. Und ich mag amerikanisches Essen. Ich esse sehr gerne Burger, Donuts und Pancakes. Das alles zusammen hat mich motiviert, in die USA zu gehen.

Ich wollte meine Englischkenntnisse verbessern, meinen Horizont erweitern und lernen, mich in einer neuen Umgebung ohne Familie und Freunde zurechtzufinden.

Was haben deine Freunde, Eltern und deine Lehrer zu deinem Auslandsjahr gesagt?

Meine Freunde wussten, dass ich mich sehr mit den USA beschäftige. Für sie war es nicht überraschend, dass ich nochmal länger hinwollte. Nur meine Eltern zu überzeugen, war schwer. Sie wollten mich zuerst nicht alleine für zehn Monate in ein fremdes Land reisen lassen. Aber irgendwann haben sie nachgegeben. Sie haben eingesehen, dass ich etwas verpassen würde, wenn ich das nicht mache und dass es ja auch einen Flug zurück gäbe, wenn es mir gar nicht gefallen würde. Meine Lehrerinnen und die ganze Schule haben mich sehr unterstützt. Die waren teilweise so aufgeregt und glücklich, dass ich dachte, die fliegen in die USA und nicht ich.

Vor welchen Schwierigkeiten standest du während deiner Zeit in den USA?

Das Schwierigste war, dass ich zweimal die Gastfamilie und damit den Ort und die Schule wechseln musste. Die erste Familie wollte mich von vornherein nur für ein paar Monate aufnehmen, weil sie schon eine Gastschülerin hatte und sich nicht sicher war, ob sie noch eine zweite finanzieren könnte. Bei der zweiten Familie bin ich mit der Gastmutter nicht zurechtgekommen. An der kleinen Schule war es auch sehr schwierig, Freunde zu finden. Dafür war es bei der dritten Gastmutter in Clyde dann richtig toll. Mit ihr habe ich mich perfekt verstanden. Die Schule war super und die Stadt war weder zu groß noch zu klein. Ich wünschte, ich könnte noch mal ein Auslandsjahr machen und zu ihr zurückgehen. Denn ich wüsste jetzt, was ich anders machen kann. Damals hat mir die Kraft dazu gefehlt.

Die Wechsel waren nicht einfach. Ich musste mich immer wieder anpassen, immer wieder neue Kontakte knüpfen. Trotzdem war das eine wichtige Lektion für mich. Ich bin mit zu hohen Erwartungen in die USA gegangen. Es ist nicht wie in den Serien, Filmen oder sozialen Medien. Die Menschen kommen nicht auf dich zu und es ist schwer, sie anzusprechen. Doch ich habe gelernt, dass man nicht lange auf enttäuschte Erwartungen zurückblicken sollte, denn sonst kann man die Gegenwart nicht genießen.

Ich wünschte, ich könnte noch mal ein Auslandsjahr machen. Denn ich wüsste jetzt, was ich anders machen kann.

Was war dein Highlight während deines USA-Aufenthalts?

Ein Highlight war das Konzert des Chors der Clyde Senior Highschool am Ende des Schuljahres, in dem ich mitgesungen habe. Dabei hat man gespürt, dass alle Sänger eine Familie geworden sind. Sehr emotional war auch der Abschluss meiner 12. Klasse dort. Ich habe zwar kein „Diploma“ bekommen, aber alle haben mich behandelt, als hätte ich auch meinen Abschluss geschrieben. Ein weiteres Highlight waren die Reisen mit meiner dritten Gastmutter. Wir waren zusammen in Griechenland und in Kanada bei den Niagarafällen. 

Welchen Rat gibst du anderen Jugendlichen, die ins Ausland gehen möchten?

Bleibe offen und flexibel. Um Freunde zu finden, empfehle ich, dir Gruppen an der Schule zu suchen. In den USA geht das vor allem beim Sport. Der findet jeden Tag nach der Schule statt. Ich habe Rudern, Basketball und Leichtathletik ausprobiert. Du kannst aber auch interaktive Schulfächer wie Chor – selbst, wenn du nicht singen kannst - oder Journalismus wählen. Sie helfen dir dabei, sozialer zu werden. Im Fach Journalismus filmst du zum Beispiel für den YouTube-Kanal der Schule und führst Interviews mit anderen Schülern. So kommst du viel leichter ins Gespräch, als wenn du nur im Unterricht sitzt und zuhörst.

Nächstes Jahr möchte ich in die USA zurückkehren und meine Gastmutter und meine Freunde dort besuchen. 

Was hat dir der USA-Aufenthalt gebracht?

Ich bin nun selbstbewusster beim Englisch sprechen. Ich muss weniger nachdenken und kann offener und flüssiger reden. Außerdem weiß ich jetzt, dass ich für zwei bis drei Jahre in den USA leben könnte, aber nicht für immer dorthin ziehen möchte. Ich denke immer noch, dass Amerika ein sehr cooles Land ist. Aber ich möchte nicht dauerhaft so weit von meinen Freunden und meiner Familie weg sein und mich einer anderen Kultur anpassen. Mein Leben hier wurde mir gegeben, aber das Leben dort baust du dir selber auf. Nächstes Jahr im Juli möchte ich gerne in die USA zurückkehren und meine Gastmutter und meine Freunde dort besuchen. Ich möchte alle wieder umarmen und die Zeit genießen.