Leon war in Tansania bei einem Jugendaustausch
„Ich habe etwa 50 neue Freunde gefunden“
Leon
22
Tansania
Student

Leon war mit dem „Music Exchange Programm“ des Vereins Musicians for a better life drei Wochen lang in Bagamoyo in Tansania. Am Tasuba College of Arts unterrichte er gemeinsam mit anderen Musikstudierenden aus München Klavier und gab Bandworkshops. Hier erzählt er von seinen Eindrücken.

Wie kam es dazu, dass du mit Musicians for a better life (kurz: MuFo) nach Tansania gereist bist?

Ich bin seit 2020 bei MuFo aktiv. Ich helfe dort vor allem in der Verwaltung. Bei einem Projekt mitzufahren, habe ich mich bislang aber nicht getraut. Doch dann haben mir Philipp aus Uganda und Thomas aus Tansania, die seit etwa einem Jahr hier bei uns in München sind, die Reise nach Tansania schmackhaft gemacht.

Sie haben mir erzählt, was man dort alles in der Freizeit machen kann, wie viele verschiedene Biermarken sie haben und was es alles Gutes zu essen gibt. Als wir im Biergarten waren, hat mir Thomas zum Beispiel erzählt, dass es Brathendl mit Pommes auch in Tansania gibt. Dort heiße das Gericht aber „Chipsy Kuku“ und schmecke viel besser. Ihre Erzählungen haben mich schließlich überzeugt.

Wie hast du dich auf deinen Aufenthalt vorbereitet?

Ich hatte vor allem Angst, in Tansania krank zu werden oder Probleme mit dem Magen zu bekommen. Davor wird oft gewarnt. Deswegen bin ich ab einem halben Jahr vor Reisebeginn fast wöchentlich zum Arzt gerannt, um mich gegen verschiedene Krankheiten impfen zu lassen.

Außerdem habe ich mir eine sehr großzügige Reiseapotheke zugelegt und mir angemessene Kleidung gekauft. In Tansania ist es nicht gerne gesehen, wenn man viel Haut zeigt, besonders bei der oberen Körperhälfte. Selbst ins Wasser gehen die Menschen mit Hose und T-Shirt. Das hat zum Teil religiöse Gründe, etwa die Hälfte der Bevölkerung ist muslimisch. Es dient aber auch dem Schutz vor Mücken, die verschiedene Krankheiten wie Malaria übertragen.

Als Weißer fällt man in Bagamoyo schon ziemlich auf, deswegen habe ich unzählige Hände geschüttelt. 

Welche kulturellen Unterschiede hast du festgestellt?

Da gab es einige. Die kulturellen Unterschiede waren größer, als ich erwartet hatte. Das ging direkt nach unserer Ankunft los, als wir vom Flughafen mit dem Taxi zum College gefahren sind. Da war es drei Uhr nachts, doch die Straßen waren total belebt. Jeder war unterwegs, hat Stände vorbereitet oder Früchte verkauft. Das war faszinierend. Außerdem ist der Taxifahrer wirklich wild gefahren. Rote Ampeln sind dort völlig belanglos. Man muss nur hupen, bevor man drüberfährt. Im Zweifel gewinnt dann der mit dem größeren Auto.

Außerdem war es an den ersten Tagen befremdlich, von fremden Menschen mit Körperkontakt begrüßt zu werden. Die Tansanier begrüßen jeden – ob sie ihn kennen oder nicht – mit einem Handschlag oder in der jüngeren Generation mit einem Hand-Check. Das ist eine freundliche Geste. Als Weißer fällt man in Bagamoyo schon ziemlich auf, deswegen habe ich unzählige Hände geschüttelt. Damit war ich am Anfang echt überfordert. Schließlich grüßen sich Fremde auf der Straße in Deutschland nicht einmal.

Was hat dir dein Aufenthalt in Tansania gebracht?

Ich habe in den drei Wochen etwa 50 neue Freunde gefunden. Die Menschen dort sind so herzlich. Mit einigen habe ich noch digitalen Kontakt, viele erkunden sich regelmäßig nach meinem Wohlbefinden.

Auch musikalisch habe ich viel dazu gelernt – was ja auch eine Absicht des Programms „Music Exchange“ ist. Der Rhythmus ist bei tansanischer Musik oft ganz anders. Bei uns ist er sehr präzise, alle Instrumente spielen zum exakt gleichen Zeitpunkt. In Tansania ist das anders, hier können sich die Instrumente auch überlagern. Das ist unfassbar komplex. Oftmals waren wir gar nicht in der Lage, tansanische Rhythmen wiederzugeben, weil uns dafür die Intuition fehlte. Die Studierenden dort hatten den Rhythmus dagegen im Blut.

Was war das Highlight deiner Reise?

Mein persönliches Highlight war das Abschlusskonzert am Tasuba College of Arts. Am Ende spielten wir das Lied „Malaika“ – einen Klassiker, den in Tansania jeder kennt und laut mitsingen kann. Eigentlich war geplant, dass nur wir Studierenden aus Deutschland auf der Bühne stehen und alle anderen von unten aus dem Publikum mitsingen. Doch die Menschen waren bei dem Lied so begeistert, dass sie alle auf die Bühne stürmten. Am Ende standen dort 50 Leute, alle sangen wild durcheinander, sprangen auf der Bühne rum und hatten Spaß. Das war verrückt, aber auch sehr lustig!

Am Ende standen 50 Leute auf der Bühne, alle sangen wild durcheinander, sprangen auf der Bühne rum und hatten Spaß.

Hat sich dein Blick auf das Land durch den Austausch geändert?

Ja, auf jeden Fall. Meine Vorstellungen waren gar nicht so konkret. Aber bei dem, was man in den Medien hört, erwartet man in Afrika Armut und Menschen, denen das Leid ins Gesicht geschrieben steht. Das war überhaupt nicht so! Das Leben in Tansania funktioniert gut. Ich habe eine unfassbar glückliche und freundliche Gesellschaft erlebt, die in manchen Aspekten so viel schöner war als die Europäische.

Was ist dein Fazit?

Die Reise war eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Ich kann das Land nur jedem empfehlen. Am schönsten ist es natürlich, wenn man direkten Kontakt zu den Einheimischen hat wie wir. Ich will jetzt unbedingt nochmal nach Tansania. Vielleicht kann ich schon im nächsten Frühling nochmal mit MuFo für ein Musiktheaterprojekt hin. Falls das nicht klappt, fliege ich auf jeden Fall nochmal privat hin.