Kerstin in Kamerun bei einer Jugendbegegenung
„Der Club machte zu, als das Benzin für das Notstromaggregat leer war“
Kerstin
18
Kamerun
Abiturientin

Kerstin (auf dem Foto in der Mitte) war mit dem Kreisjugendring Ebersberg und dem Verein Internationale Jugendbegegnung zwei Wochen lang in Malantouen in Kamerun. Sie und vier weitere junge Erwachsene aus dem Landkreis halfen gemeinsam mit Freiwilligen aus Frankreich bei der Renovierung und dem Ausbau der örtlichen Grundschule. Im Interview erzählt sie, welche Erlebnisse ihr besonders im Gedächtnis geblieben sind.

Wie bist du auf den Austausch aufmerksam geworden?

Ich war letztes Jahr mit dem Verein Internationale Jugendbegegnung bei einem Jugendaustausch in Frankreich. Denys, der Leiter, hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, dieses Jahr als Betreuerin mitzufahren. Er hat mir die Termine geschickt und dabei habe ich den Austausch in Kamerun entdeckt. Also habe ich ihm geschrieben: Frankreich klingt cool, aber ich habe gelesen, du fliegst auch nach Kamerun. Da will ich mit!

Ich war vorher noch nie in Afrika und fand das eine perfekte Gelegenheit, um dort erste Erfahrungen zu sammeln. Denn man ist nicht alleine, hat eine Aufgabe und einen Ansprechpartner vor Ort und es klang einfach super spannend. 

Wer war bei dem Jugendaustausch alles dabei?

Wir waren fünf junge Erwachsene aus der Region Ebersberg zwischen 18 und 22. Vor der Reise kannten wir uns nicht. Alle außer mir waren in Ausbildung oder hatten sie bereits abgeschlossen. Ich habe nach meinem Abitur einen Bundesfreiwilligendienst gemacht und werde im Herbst eine Ausbildung zur Feuerwehrfrau beginnen. Ein Teilnehmer war ausgelernter Zimmerer. Das war praktisch, seine Fähigkeiten konnten wir beim Ausbau der Schule sehr gut gebrauchen. 

Die sechs Teilnehmenden aus Frankreich waren zwischen 16 und 20 Jahre alt und gingen noch zur Schule oder studierten. Richtige Teilnehmende aus Kamerun gab es nicht. Wir haben viel mit den Jugendlichen gemacht, mit denen wir im Dorf gewohnt haben. Sie haben an der Schule mitgeholfen und uns ein bisschen geärgert, wenn sie Werkzeuge hatten, die wir nicht kannten. Manche gingen auch selbst noch zur Schule, die haben dann abends Spiele mit uns gespielt oder mit uns gekocht.

Wir haben immer an drei bis vier Klassenzimmern gearbeitet, in den restlichen Räumen fand Unterricht statt.

Wie sah ein typischer Tag in Kamerun aus?

Der typische Tag hat meistens mit zu wenig Schlaf gestartet. Als wir dort waren, ging langsam die Regenzeit los und da hat es nachts häufig gewittert oder stark geregnet. Durch die Wellblechdächer auf den Häusern war das besonders laut. Morgens sind wir meistens kurz vor sieben Uhr aufgestanden. Ein Team hat immer Essen für den Tag gemacht. Es war bunt zusammengewürfelt aus Leuten aus Kamerun, Frankreich und Deutschland – meistens so vier bis fünf Leute. Beim Frühstück haben wir die Aufgaben für die Arbeiten an der Grundschule verteilt, also wer geht streichen, wer sägt Holz, wer gräbt Wassergraben aus und so weiter.

Wir haben immer an drei bis vier Klassenzimmern gearbeitet, in den restlichen Räumen fand Unterricht statt. Bis zwölf Uhr haben wir renoviert, dann gab es Mittagessen. Wir haben immer versucht, in der großen Pause zu essen, denn da kamen 800 Kinder aus der Grundschule. Da war es voll und laut und wir konnten ohnehin nicht mehr richtig arbeiten. Die Kinder waren immer super fasziniert davon, was wir da machen, sind an uns hochgeklettert und wollten mithelfen, aber dazu waren sie zu klein. Das war ziemlich süß.

Es gab immer eine längere Mittagspause, weil es zu der Zeit einfach zu heiß zum Arbeiten war. Als Europäer ist man so eine Hitze nicht gewohnt. Es hatte 30 bis 35 Grad und die Luft war unglaublich feucht. Zweimal haben wir nachmittags einen Ausflug gemacht. Wir haben eine andere Schule angeschaut und die Stadt Foumban besucht. Ansonsten haben wir bis zum Abendessen weitergearbeitet, danach hatten wir Freizeit. Zweimal haben wir uns typisch afrikanische Zöpfe flechten lassen. Das hat den ganzen Abend in Anspruch genommen.

In welcher Sprache habt ihr euch verständigt?

Zum Teil auf Englisch, vor allem aber auf Französisch. Die einheimischen Kinder konnten nur Französisch, da hatte man gar keine andere Wahl, als es auch zu sprechen. Mein Französisch war vorher ganz akzeptabel, was man halt in der Schule so lernt. Aber in Kamerun konnte ich es auf jeden Fall festigen. Man kommt rein, wenn alle um einen herum die Sprache sprechen und man sie jeden Tag braucht. Außerdem haben die Einheimischen versucht, uns ein bisschen ihre Volkssprache Bamun beizubringen.

Was hast du Skurriles erlebt?

Wir waren zweimal mit den Jugendlichen aus Kamerun und Frankreich gemeinsam feiern. Keiner von uns hat erwartet, dass es in dem Dorf Clubs gibt, aber es gab sogar zwei. Also nach deutschem Verständnis war es eher ein Haus mit Sofas, wo Musik lief und so eine Art Bar. Einmal gab es Stromausfall. Und dann gehen wir abends feiern – und das Licht ist an und die Musik läuft! 

Es gab nämlich ein Haus mit eigenem Notstromaggregat nur für die Clubs. Als das Benzin dafür aus war, hat der Club zugemacht. Das war schon ziemlich witzig. Das erste Mal gemeinsam als Gruppe zu feiern, hat uns richtig zusammengeschweißt.

Als der fertige Dachstuhl dann oben stand – das war einer der schönsten Momente!

Was war das Highlight deiner Reise?

Unser Auftrag war ja, die Schule zu renovieren. Aber da gab es ein Haus, das nicht auf dem Plan stand, das aber sehr einsturzgefährdet aussah. Unsere Leitung meinte, es wäre optimal, wenn wir uns auch noch um dieses Haus kümmern und den Dachstuhl erneuern könnten. Doch dafür hatten wir kein Material und Geld. Also hat sich unsere Gruppe kurzerhand entschlossen, einen Spendenaufruf in Deutschland zu starten. Mit großem Erfolg: In kurzer Zeit hatten wir vier Mal so viel Geld zusammen, wie unsere Leitung erwartet hatte. Damit konnten wir hochwertiges Material kaufen und – dank der Fähigkeiten des Zimmerers in der Gruppe – den neuen Dachstuhl planen und bauen. Wir haben alles Holz per Hand gesägt, zusammengenagelt und dann den Dachstuhl hochgezogen. Als der fertige Dachstuhl dann oben stand – das war einer der schönsten Momente!

Außerdem fand es richtig schön, dass die Kinder uns so akzeptiert haben. Einmal haben wir zum Beispiel unsere Wäsche in Eimern gewaschen. Dann kamen die kleinen Kinder her und haben erstmal unsere Bewegungen nachgemacht. Irgendwann haben sie uns dann von unseren Wäschesachen weggeschubst und wollten für uns weiter waschen, weil sie der Meinung waren, dass sie es besser könnten. Ein Mädchen – sie war vielleicht sechs Jahre alt − hat aufgepasst, dass die Kleineren, die so drei und vier waren, das ordentlich machen und nicht zu viel Seife nehmen. Die Wäsche war danach sauber.

Was nimmst du von deinem Auslandsaufenthalt mit?

Auf jeden Fall viele neue Freunde aus allen drei Ländern, viele sehr spannende Erfahrungen und Eindrücke. Unsere deutsche Gruppe ist sehr eng zusammengewachsen. Ich habe auch noch Kontakt zu den Jugendlichen aus Frankreich und einer aus unserer Gruppe hat immer Kontakt zu jemandem aus Kamerun. Wir bekommen fast täglich Bilder aus Malantouen von der Schule und den Fortschritten geschickt, denn wir sind leider nicht ganz fertig geworden. Aber die Menschen vor Ort bauen weiter und jetzt bekommen wir Updates wie „Jetzt ist die Tür eingebaut, jetzt ist die Seitenwand gestrichen“, etc. Es ist schön mitzubekommen, dass die Schule nun richtig ansehnlich wird.