
Hospitationen und Workshops in Barcelona für die Abschlussklasse – diese Idee setzten Alena Settele und Georg Wagner, Schulleiterin und Stellvertreter der Luise-Kiesselbach Fachschule für Heilerziehungspflege, in die Tat um. Hier berichten sie, wie ihre Studierenden der Heilerziehungspflege vom beruflichen Austausch in Spanien profitierten und warum sie anderen Fachschulen dazu raten.
Wie kamen Sie auf die Idee, einen Studierendenaustausch nach Barcelona zu organisieren?
Settele: Die Idee hatte unser Geschäftsführer, als unser Kooperationspartner Fundació Aspace Catalunya aus Barcelona bei uns zu Gast war. Das ist eine Organisation, die ähnlich aufgebaut ist wie unsere. Drei Vertreterinnen und Vertreter schauten sich unsere Einrichtung in München an. Uns wurde schnell klar, dass es für die Studierenden der Heilerziehungspflege interessant wäre zu sehen, wie in einem Land wie Spanien gearbeitet wird, wie die Strukturen dort aussehen und was dort anders läuft als bei uns. Also fingen wir an, einen beruflichen Austausch nach Barcelona zu organisieren.
Wie sah Ihr Programm während der Reise aus?
Wagner: Die ersten zwei Tage bestanden aus Hospitationen und Workshops. Wir besichtigten bei unserem Kooperationspartner ein Wohnheim und eine Förderstätte für erwachsene Menschen mit Behinderung. Außerdem besuchten wir Jugend- und Kindereinrichtungen.
Settele: Am dritten Tag erkundeten wir mit Audio-Guides die Sagrada Família und das Casa Batlló von Gaudí. An Tag vier standen das Moco- und das Picasso-Museum sowie der Park Güell auf dem Programm.
Die Studierenden waren gemeinsam in zwei großen Apartments untergebracht. Dort trafen wir uns jeden Abend zu Reflexionsrunden auf der Dachterrasse. Wir wollten sehen, wie es allen geht, wo sie stehen und was sie vom Tag mitgenommen haben. Der restliche Abend stand zur freien Verfügung.
Welche Ziele verfolgten Sie mit dem beruflichen Austausch für Ihre Studierenden?
Settele: Wir wollten, dass die Studierenden ihren beruflichen Horizont und ihre Kompetenzen erweitern. Sie sollten Inspiration für ihre Tätigkeit bekommen und motiviert werden, in dem Beruf weiterzuarbeiten. Und ich denke, das hat gut geklappt. Jeder hatte einen Aha-Moment während des beruflichen Austauschs, den er oder sie tatsächlich in der Arbeit oder im weiteren Berufsleben umsetzen wird.
Wagner: Außerdem wollten wir den Studierenden des Abschlussjahrgangs durch die Reise einen Motivationsschub geben. Sie befanden sich im dritten Ausbildungsjahr, kurz vor den Abschlussprüfungen. Sie sollten die Reise als Gruppe erleben und die Möglichkeit bekommen, ihre Mitstudierenden und uns Lehrkräfte in einem anderen Umfeld zu erleben. Wir wollten, dass sie einfach eine gute Zeit haben, die in Erinnerung bleibt. Deshalb gab es eine gute Mischung aus Workshops, Erleben der Stadt und Kennenlernen der spanischen Kultur.
Unsere Studierenden hatten keine Berührungsängste.
Was war Ihr persönlicher Aha-Moment während der Reise?
Wagner: Ich erinnere mich besonders an den Nachmittag des zweiten Tages. An dem Tag führten wir mit den spanischen Kolleginnen und Kollegen Workshops mit Menschen mit Behinderung in der Turnhalle durch. Trotz der Sprachbarriere – die wenigsten unserer Studenten konnten Spanisch – spürte ich ab der ersten Sekunde, dass unsere Studierenden einen tollen Kontakt mit den Teilnehmern aufbauen. Sie hatten keine Berührungsängste, als sie gemeinsam einen Rollstuhlparcours meisterten. Eine gemeinsame Sprache war nicht notwendig, um sich zu verständigen. Ich habe gemerkt, dass unsere Studierenden schon richtige HEPs sind (Anm. der Redaktion: Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger). Ich konnte die fachliche und soziale Kompetenz sehen!
Wie lange haben Sie den Austausch geplant?
Settele: Etwa vier Monate. Im Dezember 2024 war ich privat in Barcelona und besuchte die Einrichtung. Dabei konnte ich ein bisschen vorfühlen und mir anschauen, was die Studierenden interessieren würde. Das war gut, weil ich so auch ungefähr wusste, was uns in Barcelona erwarten würde. Die Fundació Aspace Catalunya hat dann ein Programm zusammengestellt, was wir sehr gelungen fanden.
Wagner: Bei der Planung bezogen wir die Studierenden intensiv ein, zum Beispiel bei der Wahl der Unterkunft und den Sehenswürdigkeiten, die wir anschauen wollten. Das hat sich bewährt und die Vorfreude gesteigert.
Für Fachschulen ist der Blick über den Tellerrand besonders bereichernd.
Was war die größte Herausforderung?
Wagner:Im Nachhinein alle Rechnungen einzusammeln. Da waren wir vielleicht ein bisschen blauäugig und dachten, die bekommen wir automatisch. Doch man muss ganz schön hinterher sein, etwa bei der Buchung der Museen. Das haben wir für den nächsten Studierendenaustausch gelernt.
Das heißt, Sie planen nächstes Jahr wieder einen Studierendenaustausch mit Ihrer Abschlussklasse?
Settele: Ja, wir möchten wieder nach Barcelona fahren. Die Rückmeldung des Kurses war so positiv. Nun kennen wir auch die Gegebenheiten vor Ort und sind routinierter.
Was raten Sie anderen beruflichen Schulen, die einen Austausch machen möchten?
Settele: Der Aufwand lohnt sich! Die gesamte Gruppe hat diese Woche als unvergessliche Zeit während der Ausbildung wahrgenommen.
Wagner: Für Fachschulen ist der Blick über den Tellerrand besonders bereichernd. Es ist außerdem eine ganz tolle Chance für angehende Fachkräfte, die künftig eine Zeit im Ausland arbeiten möchten. Gerade das Ende der Ausbildung ist ein guter Zeitpunkt, um nochmal Kraft zu schöpfen und die Ausbildung mit einem Highlight abzuschließen.