„Das kann man nicht unterrichten, das muss man erleben“
Peter Schröder-Mohr
Südafrika
Geschäftsführer und Interims-Schulleiter der Privaten Realschule Gut Warnberg

Warum startet ein Schulleiter ein aufwendiges Austauschprogramm mit Südafrika? Peter Schröder-Mohr, Geschäftsführer und Interims-Schulleiter der Privaten Realschule Gut Warnberg in München-Solln, erzählt im Interview von seinen Beweggründen, den organisatorischen Hürden und den positiven Veränderungen, die er bei seinen Schülern beobachtet hat.

Was motivierte Sie dazu, einen internationalen Schüleraustausch zu initiieren?

Vor 17 Jahren lebte ich mit meiner Familie im Ausland. Diese Erfahrung prägt meine Kinder bis heute - nicht nur sprachlich, sondern in ihrer gesamten Persönlichkeitsentwicklung. Als ich die Geschäftsführung der Realschule übernahm, stellte ich internationale Begegnungen schnell als zentrales Ziel auf.

2015 reiste ich zum ersten Mal nach Südafrika und suchte Partnerschulen. Parallel schlossen wir uns dem Netzwerk Round Square an, das internationale Kooperationen ermöglicht. Die südafrikanische Schule, die wir jetzt besuchten, gehört ebenfalls zu diesem Netzwerk. 

Welche weiteren Organisationen unterstützen Sie bei der Planung und Finanzierung?

Ich wandte mich an ENSA, die mich auf die Fördermöglichkeiten mit Afrika der Stiftung Jugendaustausch Bayern hinwiesen. Das war ein Glücksfall, denn die abgelegene Lage unserer Partnerschule hätte die Reisekosten sonst untragbar gemacht. 

Zusätzlich unterstützte uns „Women Engage for a Common Future“, eine globale Frauenorganisation mit einem Standort in München. Sie hielten Vorträge an unserer Schule, etwa über ein internationales Projekt zum Thema Wasser, bei dem auch Partner aus Südafrika dabei waren. 

Wie lief die Planung des Austauschs ab? Welche Schritte waren notwendig?

Als Geschäftsführer konnte ich das Projekt direkt anstoßen. Unser Ansatz hatte von Anfang an die Schwerpunkte Erlebnispädagogik und soziales Engagement. 

Ich informierte die Lehrkräfte der achten Klassen und bat sie, geeignete Schüler vorzuschlagen. Vor allem solche, die sich für beide Themen begeistern können. Die ersten vier Kandidaten sagten sofort zu, ihre Eltern waren begeistert.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor war das Partnersystem: Nach der Zusage bekam jeder deutsche Schüler direkt einen südafrikanischen Partner zugeteilt. Das funktionierte hervorragend und zog sich durch das gesamte Projekt.

Welche Herausforderungen gab es?

Ein spannendes Programm zu entwickeln und alle bei Laune zu halten, erfordert viel Zeit und Geduld. Mal musste ich eine Führung in der Schokoladenfabrik organisieren, mal Autos für eine Bergtour. 

Zum Glück halfen die Eltern tatkräftig mit. Eine Mutter plante beispielsweise einen Tagesausflug und spendierte zudem noch ein Weißwurstfrühstück. Solche Unterstützung sollte man unbedingt nutzen.

Die Wertschätzung ist entscheidend.

Wie können Schulleitungen Lehrkräfte bei internationalen Projekten unterstützen?

Solche Projekte müssen als Privileg vermittelt werden, nicht als Pflicht. Lehrkräfte sollen sich als Botschafter der Schule fühlen und stolz darauf sein, ausgewählt worden zu sein. Die Wertschätzung ist entscheidend.

Wichtig ist auch, Ängste zu nehmen: „Werde ich meinen Klassen gerecht, wenn ich nicht da bin?“ oder „Sind Kollegen sauer, weil sie vertreten müssen?“. Deshalb sollte man ein Rotationssystem etablieren, damit jeder interessierte Kollege zum Zug kommt. Das wirkt wie ein Anreiz, vor allem für junge Lehrkräfte.

Wie erlebten die Schüler den Austausch?

Trotz intensiver Vorbereitung mit Videokonferenzen und Präsentationen ersetzt nichts die persönliche Begegnung. Erst, wenn man sich direkt gegenübersteht, fallen die Hemmungen. Bei einer dreistündigen Busfahrt kommt man ganz anders ins Gespräch als vor dem Bildschirm.

Die Südafrikaner zeigten uns ihre Traditionen, ihre Religiosität und die beeindruckende Sprachvielfalt ihres Landes, denn Südafrika hat über 30 Sprachen. Da merkt man, wie klein unsere bayerische Welt ist. Gleichzeitig wird einem bewusst, wie wertvoll es ist, auch hier Traditionen zu pflegen.

Wie waren die Schüler untergebracht?

In Deutschland lebten die südafrikanischen Gäste bei ihren deutschen Partnern in den Gastfamilien. In Südafrika übernachteten unsere Schüler in einem Gästehaus. Ab 22 Uhr hatten die acht Jugendlichen das Haus für sich. Sie spielten Karten und hatten riesigen Spaß.

Internationale Begegnungen lassen Schüler wachsen.

Bemerkten Sie persönliche Veränderungen bei den deutschen Schülern?

Eine Schülerin blühte auf: Nach dem Austausch nahm ihre Familie eine französische Austauschschülerin auf, sie selbst reiste nach Paris und gewann enorm an Selbstbewusstsein. Ein anderes Mädchen aus behütetem Elternhaus wurde deutlich unabhängiger. 

Bei den Jungen war die Entwicklung unterschiedlich: Einer wurde selbstbewusster, der andere, ohnehin schon reflektiert und engagiert, vertiefte diese Eigenschaften. 

Insgesamt kann ich sagen: Internationale Begegnungen lassen Schüler wachsen. In all den Jahren habe ich fast immer positive Entwicklungen gesehen. Nur einmal hatte ein Junge Schwierigkeiten, sich zu öffnen. Da passte die Auswahl nicht. Auch das kommt vor. 

Warum ist Ihrer Meinung nach internationaler Jugendaustausch so wichtig?

Nur in der direkten Begegnung spüren junge Menschen, warum andere Kulturen anders ticken. Sie erleben, welche Rolle Geschichte, Religion, Sprache oder Tradition spielt. Das kann man nicht unterrichten, das muss man erleben. 

Ein Beispiel: Mit den südafrikanischen Schülern besuchten wir die KZ-Gedenkstätte Dachau. Die Führung durch einen Ehrenamtlichen war außergewöhnlich. Für die Südafrikaner war dieser Austausch mit einer Person, die Geschichte so lebendig vermitteln konnte, unglaublich prägend.