
Einen langfristigen Schüleraustausch auf die Beine stellen – das war das Ziel der Paul-Hey-Mittelschule in Gauting. Hier erzählt Lehrerin Manuela Winkler-Wolf, wie sie die passende Partnerschule dafür fand und welche weiteren Herausforderungen sie bewältigte.
Wie kam Ihr Schüleraustausch mit der Gesamtschule in Lánov zustande?
Unsere Rektorin fragte mich, ob ich Interesse hätte, an einem Netzwerktreffen in Prag teilzunehmen, um eine tschechische Partnerschule für einen Schüleraustausch zu finden, da ich bereits ein Erasmusprojekt an unserer Schule betreut hatte. Ich nahm gerne teil.
Beim Netzwerktreffen sprach mich eine Lehrerin aus Lánov an. Sie kannte das Würmtal gut, weil sie länger in Herrsching am Ammersee gewohnt hatte. Wir haben uns direkt hervorragend verstanden und gemerkt, dass wir gemeinsam gut einen Schüleraustausch organisieren könnten. Ursprünglich wollte ich eine Partnerschule in Prag. Doch dann dachte ich, dass es nicht so wichtig ist, wohin man fährt. Wichtig ist, dass man die passende Partnerschule findet und Kollegen, auf die man sich verlassen kann.
Welche Herausforderungen gab es bei der Organisation des Schüleraustausches?
Anfangs war es schwierig, Schüler zu finden, die mitkommen wollten. Der Austausch war an unserer Schule etwas ganz Neues. Deshalb haben sich viele Schüler nicht getraut. Ich musste ordentlich Werbung machen, um den Jugendlichen den Schüleraustausch schmackhaft zu machen.
Für einige Schüler und Eltern war es ein Problem, dass die tschechischen Jugendlichen bei den deutschen Gastfamilien leben sollten. Es war eine Hemmschwelle, sie in ihr Zuhause zu lassen. Platz ist bei uns in der Region auch ein Thema. Weil das Wohnen unheimlich teuer ist, teilen sich Geschwister oft ein Zimmer. Ich habe immer wieder betont, dass die Gastschüler kein eigenes Zimmer brauchen. Aber den Jugendlichen ist manchmal einfach wohler dabei, wenn sie die Türe schließen können und Privatsphäre haben.
Ursprünglich hatten wir den Austausch nur für die achte Jahrgangsstufe angedacht, aber davon meldeten sich nur drei Schüler an. Also haben wir noch die Neuntklässler aus der Mittleren-Reife-Klasse dazu genommen. Insgesamt fuhren dann acht Schüler aus den M-Klassen mit.
Wichtig ist, dass man die passende Partnerschule findet und Kollegen, auf die man sich verlassen kann.
Warum war es Ihnen wichtig, dass die Schüler bei Gastfamilien untergebracht sind?
Ich finde, es ist einfach ein ganz anderes Erlebnis, als wenn sie mit uns Lehrern im Hotel wohnen. Die Schüler bekommen das Leben der Einheimischen anders mit. Sie haben engen Kontakt mit der Familie, essen, was sie sonst auch isst und unternehmen etwas gemeinsam.
Wie haben Sie den Austausch finanziert?
Ich habe bei Tandem – Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch einen Antrag im Programm „Bayerisch-Tschechischer Schulaustausch für Real-, Mittel-, Förder- und Berufliche Schulen“ gestellt, das aus Mitteln der Stiftung Jugendaustausch Bayern finanziert wird. Tandem hatte das Programm beim Netzwerktreffen in Prag vorgestellt. Sie sagten, es sei die beste Finanzierungsmöglichkeit für Mittelschulen, weil es bis zu 80 Prozent der Kosten übernimmt.
Welche Unterschiede zwischen Deutschland und Tschechien haben Sie während des Schüleraustauschs festgestellt?
Überrascht hat mich, dass die Schüler in Lánov die Pausen immer drinnen verbracht haben. Das wäre bei uns unvorstellbar. Unsere Schüler haben so viel Energie. Es würde nicht funktionieren, sie im Klassenzimmer oder im Schulhaus zu lassen.
Zudem waren die tschechischen Lehrer viel vorsichtiger als wir. Sie wollten die Schüler zum Beispiel nicht alleine in Gruppen durch Prag laufen lassen. Deswegen sind wir dann ins Einkaufszentrum, da war das okay. Bei uns werden die Schüler zu mehr Selbstständigkeit erzogen, egal ob beim Überqueren der Straße oder beim Erkunden einer Stadt in Kleingruppen. Aufgefallen ist mir auch, dass die tschechischen Eltern viel mehr Nachfragen und Änderungswünschen hatten. Unsere Schülereltern haben mehr Vertrauen in uns Lehrkräfte und mischen sich weniger ein.
Ich habe das Gefühl, dass jeder Schüler etwas mitgenommen hat.
Was war Ihr Highlight während des Austauschs?
Das eine Highlight gab es nicht. Das Programm war vielseitig und stimmig. Ich hätte nichts missen wollen, weder unsere Wanderung im Nationalpark noch die Fahrt nach Prag.
Einmal sind nur wir Lehrer und die neue Rektorin der Schule in Lánov essen gegangen und haben den Austausch nochmal Revue passieren lassen. Es war einfach ein tolles Gefühl, eine Schule gefunden zu haben, die so zu uns passt. Wir haben alles geschafft, was wir uns vorgenommen haben.
Ich habe das Gefühl, dass jeder Schüler etwas mitgenommen hat. Es hat die Jugendlichen untereinander zusammengeschweißt. Auch als Lehrerin bin ich mit den Schülern zusammengewachsen. Man profitiert das ganze Schuljahr, wenn man einen guten Draht hat und die Schüler einen ein bisschen anders kennengelernt haben.
Planen Sie dieses Jahr wieder einen Schüleraustausch?
Ja. Und beim zweiten Schüleraustausch ist es einfacher, Teilnehmende zu finden. Ich habe die Schüler, die letztes Jahr dabei waren, in die jetzigen achten Klassen geschickt, um für den Schüleraustausch mit Tschechien zu werben. Fünf Schüler konnten wir schon gewinnen. Wir werden wohl wieder mit etwa zehn Jugendlichen fahren, diesmal auch mit Schülern aus den Regelklassen. Geplant ist, dass die tschechischen Schülerinnen und Schüler wieder im Mai zu uns kommen und wir im Oktober nach Lánov fahren.
Ich hoffe, dass sich der Austausch langfristig etabliert. Wir verstehen uns gut mit unserer Partnerschule und wollen unbedingt weitermachen.